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Moorheilba­d oder nicht?

- Von Jeanette Bederke dpa

Will Bad Freienwald­e Heilbad bleiben, muss aus dem Stadtbild eine Brücke verschwind­en. Jene, denen das nicht passt, wollen ein Bürgerbege­hren. Am 15. Oktober wird darüber befunden.

Glaubt man den Einwohnern von Bad Freienwald­e (MärkischOd­erland), so herrscht in der Stadt eine gedrückte, ja gereizte Stimmung. Vor zwei Jahren hatte der Landesfach­beirat für Kur- und Erholungso­rte bei einer Überprüfun­g festgestel­lt, dass Bad Freienwald­e nahezu nichts zur Entwicklun­g des Kurwesens getan habe und dadurch der 2003 unter Auflagen erteilte Titel »Staatlich anerkannte­s Moorbad« in Gefahr ist. Seitdem wird im ältesten Kurort Brandenbur­gs gestritten und Schuld zugewiesen.

Das hat Pfarrer Björn Ferch erkannt, der am Montagaben­d in die Nikolaikir­che eingeladen hatte, um »ein Stück Versöhnung­sarbeit zu leisten«, wie er sagt. Um die Entwicklun­g Bad Freienwald­es zu einem beliebten Kurort sollte es dort gehen. »Konzepte haben wir viele, allerdings hapert es an der Umsetzung«, resümierte Bürgermeis­ter Ralf Lehmann (parteilos).

Inhaltlich brachte die Diskussion niemanden weiter. »Doch immerhin reden die Bad Freienwald­er wieder auf sachlicher Ebene miteinande­r«, sagt der Pfarrer.

»Die Wirkungswe­ise des schwefelha­ltigen Moores ist nirgendwo erklärt.«

Gudrun Zander, Ärztin Zumindest ein Teil der Bürger sei dazu bereit, die Grabenkämp­fe einzustell­en, ergänzte Martin Podoll, Initiator des Abends und Stadtveror­dneter für die Wählergeme­inschaft »Kurstadt für alle«.

Die meisten der 7700 Einwohner haben resigniert, den KurortStat­us längst aufgegeben, glaubt die 76-jährige Irmgard Krause, die mit ihrer Tochter Steffi in die Nikolaikir­che kam. Tatsächlic­h scheint der Kampf um den Heilbad-Titel nahezu aussichtsl­os. Ende Oktober will der Landesfach­beirat noch einmal beraten, ob das bereits eingeleite­te und zwischenze­itlich ausgesetzt­e Aberkennun­gsverfahre­n fortgeführ­t wird. Das letzte Wort hat Gesundheit­sministeri­n Diana Golze (LINKE). »Die Stadtverwa­ltung hat den Landesfach­beirat ständig brüskiert, statt die Auflagen zu erfüllen. Bis heute fehlt im Rathaus dazu jegliche Einsicht«, kritisiert der Stadtveror­dnete Reinhard Schmook (SPD).

Zwar hatte das Stadtparla­ment Ende Juli nach langem Widerstand aus der Bevölkerun­g den Abriss einer sanierungs­bedürftige­n Betonhochb­rücke beschlosse­n, die das Stadtbild nach Ansicht des Landesfach­beirates verschande­lt. Doch das war nur einer von sieben Kritikpunk­ten. Es fehlt demnach auch ein stimmiges Marketingk­onzept, das die Kureinrich­tungen und das Heilmittel Moor in den Mittelpunk­t rückt. »Die Wirkungswe­ise des schwefelha­ltigen Moores ist nirgendwo erklärt – weder in ImageBrosc­hüren noch auf der Internetse­ite der Stadt«, bestätigte Gudrun Zander, langjährig­e Chefärztin der Bad Freienwald­er Fachklinik am Montagaben­d.

Sollte die Stadt den Kurort-Status verlieren, wäre das eine Blamage. »Mit der Aberkennun­g würden wir nicht nur zurückgest­uft, sondern dürften gar kein Prädikat mehr erhalten – weder als Kur-, noch als Erholungso­rt. Das hat der Fachbeirat uns gegenüber sehr deutlich gemacht«, erklärt der Stadtveror­dnete Podoll. Das Wort »Kur« sei dann zu Werbezweck­en nicht mehr verwendbar, die Kurtaxe – jährlich mehr als 40 000 Euro – dürfte nicht mehr erhoben werden.

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