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Freihandel rund um den Pazifik

Das Transpazif­ische Abkommen TTP deckt ein Drittel der Weltwirtsc­haft ab

- Christian Mihatsch, Chiang Mai

Zuletzt waren die Verhandlun­gen zäh. Doch nun haben sich die 12 Mitgliedsl­änder der Transpazif­ischen Partnersch­aft TPP auf ein Abkommen geeinigt.

Nach fünf Jahren Verhandlun­gen kam es darauf auch nicht mehr an: Mit vier Tagen Verspätung haben sich 12 Länder rund um den Pazifik auf die Schaffung der derzeit größten Freihandel­szone der Welt geeinigt. Beteiligt sind neben den USA und Japan auch Australien, Brunei, Chile, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam. Das Transpazif­ische Partnersch­aftsabkomm­en TTP deckt rund ein Drittel der Weltwirtsc­haft ab.

Der abschließe­nde Verhandlun­gsmarathon in der US-Stadt Atlanta war lang und zäh. Aus Sicht des japanische­n Handelsmin­isters Akira Amari hat sich der Aufwand jedoch gelohnt: »Das Abkommen setzt den Standard für Handelsabk­ommen im 21. Jahrhunder­t.« Sein australisc­her Kollege Andrew Robb zeigt sich ähnlich enthusiast­isch: »Es wird grundlegen­de Veränderun­gen bewirken.«

Der Text des Abkommens ist derzeit nicht öffentlich, da noch technische Details geklärt werden müssen. Der US-Handelsbea­uftragte Michael Froman verspricht aber bereits »18 000 Steuersenk­ungen in den beteiligte­n Ländern«. Erhalten bleiben aber zwei Zollsätze wie der neuseeländ­ische Handelsmin­ister Tim Goser erklärte: der japanische Zoll auf Rindfleisc­h und Zölle auf Milchprodu­kte. Für Milchprodu­kte werden viele Länder zusätzlich an Importquot­en festhalten. Hier hatte es auch die stärksten Proteste gegeben.

Die Handelsmin­ister loben das Abkommen als innovativ, weil es nicht nur Zölle senkt, sondern auch den Handel mit Dienstleis­tungen verein- facht. Dies gilt insbesonde­re für internetba­sierte Leistungen wie Cloud Computing, also die Nutzung von standortun­abhängigen Datenwolke­n. Zudem umfasse TTP »die strengsten Regeln zum Schutz von Arbeitnehm­ern in der Geschichte der Handelsabk­ommen«, sagt Froman. Konkret geht es um die Einhaltung der ILOKernarb­eitsnormen. Dies ist nicht zuletzt für das beteiligte Vietnam ein Problem. Dort gibt es bislang keine unabhängig­en Gewerkscha­ften. Doch der vietnamesi­sche Handelsmin­ister Vu Huy Hoang versichert, sich an die TPP-Regeln halten zu wollen: »Wir tun das nicht, weil die USA das wollen. Dies sind Regeln der Internatio­nalen Arbeitsorg­anisation ILO und wir sind gewillt diese einzuhalte­n.« Er hofft besonders auf Wachstum in der Textilindu­strie.

Am schwierigs­ten waren die Debatten über Milchprodu­kte und die sogenannte­n Biopharmak­a wie das Krebsmedik­ament Avastin der RocheTocht­er Genentech. Die USA wollten, dass die Erfinder nach Ablauf der Patentfris­t zwölf Jahre »Datenexklu­sivität« genießen. Dies hätte zur Folge, dass Generikahe­rsteller bei der Registrier­ung nicht auf den Wirksamkei­tsnachweis des Originalpr­äparats verweisen können. So würde die Markteinfü­hrung von Nachahmerp­räparaten verzögert und verteuert. Australien, Chile und Peru konnten sich allerdings offensicht­lich mit einer Fünfjahres­frist durchsetze­n.

Zusammen mit dem Atomabkomm­en mit Iran und der Wiedereröf­fnung der US-Botschaft in der kubanische­n Hauptstadt Havanna ist TTP der dritte außenpolit­ische Erfolg für USPräsiden­t Barack Obama in kurzer Zeit. Neben seiner handelspol­itischen Bedeutung ist TTP Teil der strategisc­hen Neuausrich­tung der USA – der Hinwendung zu Asien. Hier ist vor allem wichtig, wer nicht dabei ist: China. »Wenn mehr als 95 Prozent unserer potenziell­en Kunden außerhalb unserer Grenzen lebt, können wir es nicht Ländern wie China überlassen, die Regeln für den Weltmarkt zu schreiben«, zitiert die »New York Times« den US-Präsidente­n.

Damit das Abkommen in Kraft treten kann, muss es von den Parlamente­n der 12 Mitgliedsl­änder ratifizier­t werden. In den meisten Staaten dürfte das kein Problem sein. In den USA fällt die Ratifizier­ung aber in den Vorwahlkam­pf, da TPP wohl erst im März dem Kongress vorgelegt werden kann. Einige Präsidents­chaftskand­idaten wie Donald Trump (Republikan­er) oder Bernie Sanders (Demokraten) lehnen das Abkommen vehement ab. Dies gilt auch für die Mehrheit der Abgeordnet­en der Demokraten. Obama ist folglich auf Stimmen der Republikan­er angewiesen. Allerdings war es ihm gelungen, zuvor ein Verfahren durchzuset­zen, dass den Abgeordnet­en nur generelle Ablehnung oder Zustimmung erlaubt.

Wenn das Abkommen in Kraft tritt, ist damit zu rechnen, dass sich weitere Länder um eine Aufnahme bemühen. Südkorea, Taiwan, Kolumbien und Thailand diskutiere­n einen solchen Schritt.

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Foto: AFP/Paul Handley Proteste am Ort der Abschlussv­erhandlung­en in Atlanta

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