Größer und wohl auch gefährlicher
Kommission prüft nun doch Misch-Endlager für Atommüll
Die Suche nach einem Endlager für radioaktiven Abfall geht weiter. Und Gorleben bleibt offenbar die Nummer 1, fürchten Umweltschützer.
Ein Dreivierteljahr vor ihrer Auflösung hat sich die vom Bundestag eingesetzte Endlagerkommission neue Arbeit aufgehalst. Trotz ursprünglicher Bedenken, will das Gremium nun doch prüfen, unter welchen Bedingungen eine Deponierung gemischter Atomabfälle möglich ist. Aus Sicht der Atomkraftgegner aus dem Wendland wird damit der Bau eines Endlagers in Gorleben ein Stück wahrscheinlicher. Eigentlich hatte der Auftrag an die Kommission gelautet, Kriterien für die Suche einer Lagerstätte für hoch radioaktiven Müll zu entwickeln.
Für schwach und mittelradioaktive Abfälle gibt es bereits einen Standort: In Salzgitter wird die ehemalige Eisenerzgrube Schacht Konrad zum Endlager umgerüstet. Es ist für bis zu 303 000 Kubikmeter Strahlenmüll genehmigt. Allerdings hat sich das Volumen dieser Abfälle quasi über Nacht verdoppelt. Die aus dem maroden Salzbergwerk Asse zu bergenden Fässer und Rückstände aus der Urananreicherung ergeben zusammen noch einmal rund 300 000 Kubikmeter – bis Anfang 2015 waren sie von der Regierung nicht mitgezählt worden.
In ihrem im August vorgelegten »Nationalen Entsorgungsprogramm« hatte die Koalition vorgegeben, die zusätzlichen Abfälle aus Gronau und der Asse mit in das zu suchende Endlager für hoch radioaktiven Schrott einzulagern. Die Kommission hielt zunächst wenig von dem Vorschlag. Eine gemeinsame Deponierung unterschiedlicher Müllarten könne die Suche nach einem Standort weiter erschweren, trug die vom Reaktorexperten und Öko-Instituts-Geschäftsführer Michael Sailer geleitete Ar- beitsgruppe 3 vor. Sie wies darauf hin, dass über die chemischen Eigenschaften der aus der Asse zu bergenden Abfälle kaum Informationen vorlägen. Schwierig zu beurteilen sei auch das Reaktionsverhalten des Mülls aus der Forschung und dem Abriss von Atomkraftwerken, die aufgrund ihrer Zusammensetzung ebenfalls nicht den Annahmebedingungen von Schacht Konrad entsprechen.
Nach Auffassung der Arbeitsgruppe müsste für eine gemeinsame Lagerung unterschiedlicher Abfälle nicht nur ein Standort mit einem sehr viel größeren sogenannten ungestörten Bereich von Salz, Ton- oder Granitgestein gefunden werden. Je nach chemischer Zusammensetzung oder Verpackung könnten sich in unterschiedlichen Gesteinen auch zusätzliche Schwierigkeiten ergeben. Am vergangenen Wochenende beschloss die Kommission jedoch, sie werde in ihrem für Mitte 2016 geplanten Endbericht »die Bedingungen für eine dauerhafte Lagerung schwach, mittel und hoch radioaktiver Abfallstoffe an einem gemeinsamen Endlagerstandort beschreiben«.
»Die sind eingeknickt«, kommentiert Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Umweltschutz LüchowDannenberg. Der Auftrag der Kommission werde »die Wahl möglicher Standorte drastisch einschränken, weil eine solche Deponie zumindest deutlich mehr Volumen haben muss«. Er bezweifele, »dass in so kurzer Zeit eine Risikoanalyse erarbeitet werden kann«. »Hellhörig« mache zudem, dass für Gorleben schon einmal eine Mischlagerung erwogen worden sei.
Die Umweltschützer befürchten ohnehin, dass die Suche doch wieder auf Gorleben hinausläuft. Ein weiteres Indiz dafür sei die Veränderungssperre, die im Salzstock alle Tätigkeiten untersagt, die dem Bau eines Endlagers entgegenstehen. Die Sperre war gerade verlängert worden.