Unfall auf Umweg zur Arbeit
Arbeitsunfall oder nicht?
Wenn ein Beschäftigter auf einem Umweg von oder zur Arbeitsstelle verunglückt, ist es nach einer Gerichtsentscheidung in der Regel ein Arbeitsunfall. Es komme darauf an, dass am Ziel festgehalten und die Strecke nur unwesentlich verlängert werde. Das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt wertete mit Urteil vom 1. September 2015 (Az. L 3 U 118/13) den Verkehrsunfall auf dem Umweg zur Arbeit grundsätzlich als Arbeitsunfall, so dass die Berufsgenossenschaft zahlen muss.
Im verhandelten Fall hatte ein Lagerist 2011 auf dem Weg zur Arbeit einen Autounfall verursacht, weil er verkehrswidrig wenden wollte. Der Unfallort lag nicht auf dem direkten Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstelle. Der Mann hatte angegeben, wegen eines Staus eine andere Route gewählt und sich bei schwierigen Licht- und Wetterverhältnissen verfahren zu haben. Die Berufsgenossenschaft hatte die Anerkennung als Arbeitsunfall abgelehnt. Für den Umweg habe es keine Gründe gegeben.
Das Landessozialgericht sah dies anders. Es bestünden keine Zweifel daran, dass der Beschäftigte unverändert seine Arbeitsstätte habe erreichen wollen. Selbst ein verbotenes Handeln wie das Wendemanöver schließe einen Versicherungsfall nicht aus. Das Landessozialgericht ließ eine Revision zu. dpa/nd Ein Pendler ging zu einer Bushaltestelle, die einen Kilometer von seiner Wohnung entfernt liegt, um mit dem Bus zu seiner Arbeitsstelle zu fahren. Als er einen Zebrastreifen überquerte, erfasste ihn ein Wagen. Dabei brach sich der Mann mehrmals den rechten Unterschenkel. Arbeitsunfall? Die Berufsgenossenschaft als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung weigerte sich, für den Verletzten Rehabilitationsmaßnahmen zu finanzieren. Eine andere Bushaltestelle liege nur 300 Meter entfernt von seiner Wohnung. Da der Arbeitnehmer also nicht den direkten Weg zur Arbeit genommen habe, handle es sich nicht um einen Arbeitsunfall.
Der verunglückte Arbeitnehmer klagte mit Erfolg. Das Sozialgericht Heilbronn gab ihm mit Urteil vom 23. Juni 2014 (Az. S 13 U 4001/11) Recht. Der Versicherte wäre natürlich an der näheren Haltestelle schneller angekommen, räumte das Sozialgericht zwar ein, doch die Gesamtwegstrecke sei bei beiden Varianten des Arbeitsweges ungefähr gleich lang.
Prinzipiell gelte: Arbeitnehmer müssten nicht die schnellste Art der Fortbewegung wählen, um auf dem Arbeitsweg unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stehen. Sie könnten ihr Fortbewegungsmittel frei aussuchen.
Im konkreten Fall habe der Arzt dem herzkranken Pendler geraten, sich täglich zu bewegen. Daher sei er zur weiter entfernt liegenden Haltestelle marschiert. Das ändere jedoch nichts daran, dass der Versicherte am Unfalltag auf dem direkten Weg zum »Ort seiner Beschäftigung« war. Daher sei der Unfall als Arbeitsunfall einzustufen. OnlineUrteile.de/nd