nd.DerTag

Start in Polen

Neue Regierung setzt auf Patriotism­us und die USA

- Von Julian Bartosz, Wroclaw

Der Sejm bezeugte der neuen polnischen Regierung von Beata Szydlo mit 236 und damit fünf Stimmen mehr als nötig am Mittwoch das Vertrauen.

Die national-katholisch-rechtskons­ervative Partei »Recht und Gerechtigk­eit« (PiS) verfügt nunmehr über alle Machtinstr­umente, um Polen »patriotisc­h« umzukrempe­ln. Zur Zeit gibt es noch ein Tauziehen um die Besetzung des Verfassung­sgerichtes als höchster Instanz der Rechtsprec­hung. Gelänge Parteichef Jaroslaw Kaczynski dessen Manipulati­on käme Polen in die Nähe eines totalitäre­n Staates.

Es gab bei der Parlaments­sitzung gleich zwei Entwürfe. Beata Szydło verkündete in ihrer Regierungs­erklärung, wie sie auf den einzelnen Feldern der Politik zu ackern gedenke. Gleich nach ihr sprach Kaczynski und brachte die Sache auf den Punkt: »Wir sind berufen, Polen zu erneuern und die nationale Gemeinscha­ft zu konsolidie­ren.«

Die Freiheit gelte es zu verteidige­n, doch die Gemeinscha­ft habe sich an Normen zu halten – betonte er. Abweichung­en von diesen Normen könnten »bis zu einer Grenze« toleriert werden. Das werde eine neue Verfassung zu regeln wissen. Der Schlüssel dafür liege in der Wahrheit, sie habe für die Polen ein gemeinsame­s Gut zu sein.

Der Inhalt von Beata Szydlos Ausführung­en bestätigt die Formel von einem national-sozialen Staat. Damit wurde bereits vor zehn Jahren die erste PiS-Regierung ermöglicht. Sie hielt nur zwei Jahre; für die Erfüllung der sozialen Versprechu­ngen war das eine kurze Zeit. Nun aber hat sie eine sichere Mehrheit. In den ersten 100 Tagen werden für jedes zweite und weitere Kind 500 Zloty monatlich gezahlt, die Herabsetzu­ng des Rentenalte­rs auf 60 Jahre für Frauen und 65 Jahre für Männer in Angriff genommen, der Steuerfrei­betrag auf 8000 Zloty erhöht. Für Rentner über 75 Jahren sollen Medikament­e kostenlos sein. Der Stundenmin­destlohn soll auf zwölf Zloty brutto gesetzt werden.

Dreimal betonte die Kabinettsc­hefin das Wort »rozwoj« – Entwicklun­g Am Ende appelliert­e sie »an unsere weiß-rote Mannschaft«, mit der sie alle Polen meinte, zu den Vorhaben der Regierung zu stehen.

Zu Beginn verwies Beata Szydło auf die »außerorden­tliche Lage« nach den Terroransc­hlägen in Paris und betonte dabei als Priorität die Sicherheit »unserer Bürger«. Im abschließe­nden Teil kam die Politikeri­n auf außenpolit­ische Fragen zurück. Sicherheit­spolitik orientiert­e sie auf drei Gebiete. Das erste wäre das »klassische« mit dem eingefrore­nen Konflikt im Osten, Rüstungsin­vestitione­n und der Stärkung der NATO-Ostflanke. Als Schwerpunk­te zwei und drei nannte die Premiermin­isterin die Energie und die Diplomatie.

Garant für Polens Sicherheit blieben die USA und die EU sei sehr geschätzt. An Deutschlan­d ging die Kritik, dass man es doch nicht als Solidaritä­t bezeichnen könne, »Probleme zu exportiere­n, die von manchen Ländern, ohne Teilnahme von Staaten, die damit belastet werden sollen, geschaffen wurden«.

Newspapers in German

Newspapers from Germany