Drahtlose Datennetze in Bürgerhand
In Wiesbaden gibt es bereits 140 Freifunk-Router
Freier öffentlicher Internetzugang über drahtlose WLAN-Netze ist vielerorts in Deutschland zur Selbstverständlichkeit geworden. Als Medium der gesellschaftlichen Teilhabe sind sie aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. In der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden ist die seit Jahren angestrebte Einrichtung einer öffentlichen WLAN-Infrastruktur jedoch ins Stocken geraten, nachdem entsprechende Verhandlungen der Stadtverwaltung mit ihrem für stadtweite Außenwerbung zuständigen privaten Vertragspartner Wall AG offenbar aufgrund vergaberechtlicher Probleme ergebnislos blieben.
Weil sie nicht auf bessere Zeiten warten wollen, setzen Akteure der örtlichen Freifunk-Initiative auf den stadtweiten Aufbau eines drahtlosen Datennetzes von unten. Die Freifunker sind Teil einer bundesweiten Bewegung, die sich dem Aufbau von Datennetzen in Bürgerhand verschrieben haben.
»Das geht nur, wenn die Infrastruktur in Bürgerhand ist«, sagt Günni, ein junger Aktivist. Er gehört zu den treibenden Kräften der Initiative und trifft sich regelmäßig mit seinen Mitstreitern in den Räumen des örtlichen Chaos Computer Clubs. Seit Jahresanfang wirbt er unermüdlich bei Geschäftsleuten, Einwohnern und Hausbesitzern für die Einrichtung von Freifunk-Knoten und Richtfunkantennen auf Dächern, die das Netz jeweils ein kleines Stück erweitern und mehr Menschen freien Zugang verschaffen sollen. Mit rund 50 Euro für die Anschaffung eines passenden Routers und etwa zehn Euro Stromkosten im Jahr ist man dabei.
Das Gerät wird mit Kabel an einen bereits im Betrieb befindlichen häuslichen Router angeschlossen. Die Freifunk-Knoten nehmen dann automatisch untereinander Kontakt auf und knüpfen die Maschen des Netzwerks enger. Sollten einzelne technikferne Benutzer bei der Installation Schwierigkeiten haben, stehen die Freifunker beim Aufspielen von Software und der Inbetriebnahme mit Rat und Tat zur Verfügung.
Bislang sind in Wiesbaden bereits rund 140 Freifunk-Router installiert. Die genauen Standorte sind auf den Internetseiten der Initiative markiert. Mit jedem weiteren Gerät kommen mehr Straßen, Wohnblocks und Menschen auch ohne Festnetzanschluss ans Netz.
Mobile Endgeräte benutzen längst nicht mehr nur Jüngere. Wer einmal auf seinem Handy oder Notebook Freifunk-Zugang hat, kommt stadtweit auch ohne Einloggen wieder rein. Die FreifunkSoftware biete Schutz vor fremden Zugriffen auf das eigene Netz, versichert Günni. Zudem mache ein dichtes Freifunknetz heimische WLAN-Netze überflüssig und senke so auch die Strahlenbelastung. »Wenn ich den Internetzugang mit anderen Menschen teile, ist das Geben und Nehmen und macht die Gesellschaft ein Stück wärmer und sozialer«, sagt der Aktivist.
Weil das Internet für Flüchtlinge den Kontakt zu versprengten Familienangehörigen und Freunden in aller Welt ermöglicht, haben die Freifunker jüngst auch in einer Flüchtlingsunterkunft WLAN-Zugang geschaffen. Auch Besuchern von Kulturveranstaltungen ermöglichten sie im Sommer WLANKontakt mit der Außenwelt.
Die Freifunker sehen sich als Teil einer Bewegung gegen private Konzerne, welche die elektronische Kommunikation kontrollieren und bei öffentlichen WLANNetzen kommerzielle Interessen haben. »Wir bauen eine frei zugängliche und für den Endbenutzer kostenfreie Alternative auf, die auch dann noch besteht, wenn Konzerne möglicherweise Pleite gehen«, betont Günni.