Die Wunden der Geschichte
2014 ermöglichte der DAAD 1745 deutschen Stipendiaten – vom Studierenden bis zum Hochschullehrer – einen Aufenthalt in der Russischen Föderation. Im gleichen Zeitraum hielten sich nach DAAD-Angaben 6742 deutsche Stipendiaten in Frankreich auf. Woran liegt es, dass die Zahl der deutschen Studenten in Frankreich fast vier Mal höher ist als die jener, die in Russland studieren?
Um das zu beantworten, muss man ein wenig in die Geschichte blicken. Das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) hat laut Satzung die Aufgabe, »die Bande zwischen der Jugend beider Länder enger zu gestalten«. Dies geschieht u.a. durch den regelmäßigen Schüler- und Studentenaustausch zwischen den einstigen politischen und militärischen Erzfeinden. Die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch hat eine ähnliche Aufgabe. Auch sie wurde gegründet, um den Jugendaustausch zwischen den beiden einst verfeindeten Ländern zu fördern.
Das DFJW gibt es seit 1963, die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch erst seit 2006. Zwischen einem Zeitraum von 52 und 9 Jahren liegt nicht nur ein mathematischer Unterschied. Auch zwischen der französischen und der deutschen Jugend fremdelte es vor 50, 40 oder 30 Jahren noch gewaltig. Es brauchte Zeit, bis die Wunden der Vergangenheit verheilt und gegenseitiges Zutrauen entstehen konnte.
Übrigens: 2014 konnten 3786 Russen in Deutschland mit Unterstützung des DAAD studieren, lehren und forschen. Dagegen erhielten lediglich 449 Franzosen eine Förderung.