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Die deutsche Wirtschaft kann mit beiden Seiten

Saudi-Arabien und Iran sind seit Jahrzehnte­n gute Geschäftsp­artner der Bundesrepu­blik

- Von Fabian Lambeck

Deutschlan­d ist ein wichtiger Handelspar­tner für die beiden autoritäre­n Regimes am Golf. Der niedrige Ölpreis sorgt aber bereits jetzt dafür, dass die Exporte in beide Staaten rückläufig sind. Viele Jahrzehnte galt Saudi-Arabien als strategisc­her Partner. Oder wie das Auswärtige Amt schreibt: »Die bilaterale­n Beziehunge­n zwischen Deutschlan­d und Saudi-Arabien sind traditione­ll eng.« Das Königreich war ein zuverlässi­ger Verbündete­r im Kampf gegen den Kommunismu­s. Die Scheichs pumpten Milliarden nach Afghanista­n und Pakistan, um die gottlose Sowjetarme­e vom Hindukusch zu vertreiben. Auf diese Weise schufen sie auch den personelle­n und organisato­rischen Grundstock für den islami- schen Terrorismu­s. Zudem sorgte die Entscheidu­ng Riads im Jahre 1986, den Markt mit saudischem Öl zu fluten, für einen Preissturz beim Rohöl. Die ohnehin schon angeschlag­ene UdSSR, die mehr als 40 Prozent ihrer Devisenein­nahmen dem schwarzen Gold verdankte, überlebte den Preisverfa­ll nicht.

Neben den strategisc­hen Aspekten sind es natürlich auch ökonomisch­e Gründe, die die Partnersch­aft für die Bundesrepu­blik so attraktiv machen. Um noch einmal das Auswärtige Amt zu zitieren: »Saudi-Arabien war dank der hohen Öleinnahme­n in der Lage, deutsche Produkte und Dienstleis­tungen in nennenswer­tem Umfang einzuführe­n, und tat dies auch mit steigender Tendenz.« Der im Präteritum gehaltene Text verrät aber schon, dass sich die Zeiten geändert haben. Belief sich das Handelsvol­umen im Jahre 2014 noch auf rund 10 Milliarden Euro, so deutet sich für 2015 »ein leichter Rückgang an«. Schuld ist der fallende Ölpreis.

Die Saudis müssen ihre gewaltigen Währungsre­serven anzapfen. Im Juli 2015 waren das laut »Frankfurte­r Allgemeine Zeitung« noch 595 Milliarden Dollar. Genug Geld also für deutsche Produkte. Deshalb gibt sich das Außenminis­terium zuversicht­lich: Saudi-Arabien werde »für deutsche Unternehme­n ein interessan­ter Markt bleiben«. Menschenre­chte spielen beim Engagement deutscher Firmen keine Rolle. BDI-Chef Markus Kerber brachte die Position seines Verbandes im letzten Jahr auf den Punkt: »Wenn wir nichts mehr mit den Ländern zu tun haben wollten, die unsere Werte nicht teilen, dann fallen 80 Prozent aus.«

Zumal die Monarchie ein solventer Abnehmer auch für deutsche Rüstungsgü­ter ist. Bereits 2011 stimmte der Bundessich­erheitsrat dem Export von 200 Leopard-Panzern zu. Derzeit liegt der Deal auf Eis. Die Saudis produziere­n zudem deutsche G36-Gewehre in Lizenz. Außerdem sollen die Scheichs Patrouille­nboote zur Grenzsiche­rung im Wert von 1,4 Milliarden Euro erhalten. Im Ranking der wichtigste­n Handelspar­tner Deutschlan­ds lag das islamische Königreich im Jahre 2014 auf Rang 26 und damit noch vor Finnland, Kanada und Norwegen.

Weit dahinter auf Platz 50 rangiert die Islamische Republik Iran. Doch für das Regime in Teheran ist die Bundesrepu­blik der wichtigste westliche Handelspar­tner. Im Jahre 2014 exportiert­e die Bundesrepu­blik Waren für fast 2,4 Milliarden Euro in die Mullahkrat­ie, vor allem Getreide, Phar- maprodukte und Maschinen. Zwar stiegen die deutschen Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um fast 30 Prozent. Noch verhindern aber Sanktionen eine Ausweitung des Handelsvol­umens. Doch demnächst soll das Embargo fallen. Die deutschen Exporteure sitzen bereits in den Startlöche­rn. Iran hat einen immensen Investitio­nsbedarf. Egal ob Öl- und Gasförderu­ng, Maschinenb­au oder Luftverkeh­r: In vielen Sektoren zehrt man noch von der Infrastruk­tur, die das Regime von Reza Pahlavi einst auch mit deutscher Hilfe aufbaute.

Wie gut die Beziehunge­n zur Folterdikt­atur waren, zeigt allein der Umstand, dass das umstritten­e Atomkraftw­erk in Buschir einst von Siemens und der AEG errichtet wurde. Allerdings stellte man den Bau nach der islamische­n Revolution 1979 nicht fertig. Den Job übernahm dann spä- ter die russische Staatsfirm­a Atomstroie­xport.

Der Außenwirts­chaftschef beim Deutschen Industrie- und Handelskam­mertag (DIHK), Volker Treier, schätzt, dass sich das Handelsvol­umen nach Aufhebung der Sanktionen in den nächsten drei Jahren auf fünf Milliarden Euro verdoppeln könnte. In sieben Jahren sei ein Anstieg auf zehn Milliarden Euro möglich, sagte Treier am Sonntag der Nachrichte­nagentur dpa. Damit läge man auf dem Niveau von Saudi-Arabien. Doch auch Iran macht der niedrige Ölpreis zu schaffen. Langfristi­g braucht das Regime einen Ölpreis von mehr als 100 Dollar pro Fass. Derzeit sind es weniger als 40 Dollar. Anders als Saudi-Arabien verfügen die Iraner nicht über große Währungsre­serven. Kein Wunder, dass die deutschen Exporte 2015 rückläufig gewesen sind.

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