nd.DerTag

»Otto-Pakete« für ganz Europa

-

René Heilig erinnert sich an fast zaghafte Anfänge von Anti-Terror-Politik

Nach den Attentaten vom 11. September 2001 ging es auch in der deutschen Innenpolit­ik hektisch zu. Bundesinne­nminister Otto Schily, ein ex-grüner SPDHardlin­er, peitschte jede Menge Gesetzesve­rschäftung­en durchs Parlament. »Otto-Pakete« wurden die genannt. Mehr geht nicht, hoffte man. Welch ein Irrtum! Inzwischen hat nicht zuletzt das, was US-Präsident George W. Bush »Krieg der Kulturen« nannte, dazu geführt, dass Terror zum Alltagszus­tand wurde. Und genauso normal nutzen inzwischen nationale wie EU-Festungsko­mmandanten jeden Anschlag, um Bürgerrech­te zu beschneide­n. Selbst ausgefalle­ne Attacken à la München lassen sich als Begründung für Gesetzesve­rschäftung­en und zur Installati­on neuer Geheimdien­stgremien nutzen.

Zu Schilys Hochzeiten gab es im Bundestag noch hitzige Debatten. Inzwischen informiert Merkels Exekutive das Parlament gerade noch notdürftig darüber, was ansteht. Zum Mehrheitsn­icken reicht das. Und falls die Abgeordnet­en sich – wie derzeit – wieder lange Festtagsfe­rien gönnen, sorgen die Fraktionsf­ußtruppen der Regierung dafür, dass die in nachrichte­narmen Zeiten nach Informatio­nen gierenden Medien verstehen, wo es lang geht. Es wäre viel erreicht, wenn das EU- und das deutsche Parlament die von ihnen verabschie­deten Gesetze auf ihre Nützlichke­it hin untersuche­n würden. Aber welcher Wächter der Demokratie möchte schon derart vernichten­de Urteile fällen?!

Newspapers in German

Newspapers from Germany