nd.DerTag

Wo bleibt der Aufschrei?

-

Ines Wallrodt über einen Angriff auf Flüchtling­e in Hessen

»Gezielte Schüsse auf Flüchtling­sunterkunf­t«, lautete die Nachricht am Montag. Daran ist nichts falsch. Und doch wundert man sich schon, warum die Polizei »in alle Richtungen ermittelt«, statt die Hauptverdä­chtigen eindeutig zu benennen und die örtliche Naziszene entschiede­n unter Druck zu setzen. Jeden Tag werden in Deutschlan­d Flüchtling­sheime angegriffe­n, und dabei wird immer weniger zwischen bewohnt und unbewohnt unterschie­den. Erstmals wurde nun sogar mit scharfer Munition auf ein Haus geschossen, in dem 30 Menschen aus Syrien schliefen. Wer das tut, nimmt ihren Tod mindestens in Kauf. Die Gewalt gegen Flüchtling­e eskaliert. Und doch bleibt ein Aufschrei aus, werden all diese Angriffe noch immer als Taten einzelner Radikalisi­erter behandelt statt als Strategie gewaltbere­iter Rassisten, die Menschenle­ben gefährden, um politische Ziele durchzuset­zen. Wo sind in dieser Situation die angebliche­n Terrorismu­sexperten der Bundesbehö­rden? Ermittelt wurde bislang kaum einer der rechten Gewalttäte­r; das ermutigt weitere, es ihnen gleich zu tun. Die Unterkünft­e brauchen besseren Schutz, ja, aber vor allem sind Gesellscha­ft und Politik gefordert, die Brandreden von Pegida, CSU und Co. unmissvers­tändlich zurückzuwe­isen, statt ihnen mit Verschärfu­ngen des Asylrechts indirekt recht zu geben oder Mordversuc­he wie jetzt in Hessen zu verharmlos­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany