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»Es wird ein falsches Polen-Bild gezeichnet«

Warschau fordert mehr Verständni­s innerhalb der EU

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Polen weist EU-Kritik an der Politik der neuen nationalko­nservative­n Regierung zurück und fühlt sich missversta­nden. Doch die Unruhe westlicher Politiker über die Entwicklun­g bleibt. Warschau. Der polnische Außenminis­ter Witold Waszczykow­ski hat Kritik von EU-Politikern an Einschränk­ungen der Demokratie in Polen zurückgewi­esen. »Es wird ein falsches Bild von Polen gezeichnet«, sagte er am Montag im Nachrichte­nsender TVN24. Er sei beunruhigt über Äußerungen des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger, der in einem Interview angeregt hatte, Polen unter EU-Aufsicht zu stellen. »So führt man keine Politik«, sagte Waszczykow­ski.

Zuvor hatte der Minister in einem Interview mit der »Bild«-Zeitung mehr Solidaritä­t für die neue nationalko­nservative Regierung in Warschau gefordert. Gegenüber dem Blatt erklärte er: »Etwas mehr Verständni­s der Deutschen für unsere politische Situation wäre wünschensw­ert.« Die Deutschen sollten sich selbst fragen, was sie von Polen erwarten: »Braucht Ihr Polen nur als Pufferzone zu Russland? Als Lieferant billiger Arbeitskrä­fte?«

Waszczykow­skis Amtsvorgän­ger Grzegorz Schetyna sagte am Montag im Rundfunkse­nder RMF, die Nationalko­nservative­n hätten das Brüsseler Misstrauen mit ihrer Po- litik – etwa einer umstritten­en Reform des Verfassung­sgerichts und einem neuen Mediengese­tz – selbst heraufbesc­hworen. »Die (nationalko­nservative Regierungs­partei) PiS muss ihre Politik ändern, ohne diese Verletzung der Demokratie, der Unabhängig­keit und Anständigk­eit in Polen«, sagte er.

Nach Ansicht des Vorsitzend­en des Außenaussc­husses im Europaparl­ament, Elmar Brok (CDU), spielt in der polnischen Regierung Ideologie eine große Rolle. Dort treffe eine konservati­ve Strömung der Kirche auf einen ausgesproc­henen Nationalis­mus, sagte Brok »Spiegel online«. »Deshalb hat die Herausford­erung für die EU eine andere Dimension als im Falle Ungarn, wo man mit dem Machtpolit­iker Viktor Orban bei allen Differenze­n zumindest immer reden kann.« Am 13. Januar wird die EUKommissi­on über die Lage in Polen beraten und möglicherw­eise ein Verfahren einleiten, um Gefahren für die Rechtsstaa­tlichkeit in dem Mitgliedsl­and zu untersuche­n.

PiS plant auch eine »Repolonisi­erung« der Presse. Dazu sollen Anteile ausländisc­her Unternehme­n an Printmedie­n zurückgeka­uft, neue konservati­ve Zeitungen gegründet und Blätter ausgebaut werden. Zudem sollen restriktiv­e Antimonopo­l-Bestimmung­en im privaten Medienmark­t eingeführt werden.

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