Veränderung statt Preise
Das neue Jahr hat kalt begonnen. Während die einen sich noch von weihnachtlichen Fressgelagen und Silvesterpartys erholen, haben bereits am Montagmorgen wieder andere in bitterer Kälte auf die Wiedereröffnung des LAGeSo gewartet. Mit Decken und Tee wurden die Geflüchteten dabei wie immer von den tüchtigen Ehrenamtlichen der Flüchtlingsinitiative »Moabit hilft« unterstützt.
Die oftmals frustrierende und kräftezehrende Arbeit der Flüchtlingshelfer wurde nun mit einem Preis gewürdigt. Eine Jury aus Vertretern der »Berliner Morgenpost« sowie des Radiosenders »104.6 RTL« verlieh eine Auszeichnung an den 24-jährigen Helfer Phillip Bertram, der eine Flüchtlingsunterkunft in Wilmersdorf mit aufgebaut hatte. Der »Berliner des Jahres 2015« sei »stellvertretend für alle Menschen ausgewählt worden, die sich in der Stadt für Flüchtlinge engagieren«, hieß es.
Eine symbolische Würdigung durch eine Medienjury kann nun nicht schaden – kaufen können sich die Helfer davon jedoch auch nichts. Hunderte Menschen sind es in Berlin, die – oftmals neben ihrer Lohnarbeit – mehrere Stunden am Tag humanitäre erste Hilfe leisten und dabei physisch und psychisch an ihre Grenzen kommen. Eine solche Auszeichnung ist da nur ein schwacher Trostpreis, solange das Versagen des Senats anhält und die Helfer weiterhin in die Erschöpfung getrieben werden.
Für einen Teil der Gesellschaft stellt sich zudem eine Normalisierung ein. Der Status Quo scheint – so prekär er auch ist – zu funktionieren: Die Ehrenamtlichen machen gute Arbeit, sind elementarer Standpfeiler der offiziellen Flüchtlingspolitik und können das auch weiterhin sein. Dabei wird nur allzu gerne übersehen: Die Flüchtlingsinitiativen sind keine kostenlosen Sozialarbeiter, sondern eine politische Kraft. Eine angemessene Würdigung würde vor allem ein Ernstnehmen ihrer Kritik an der Berliner Flüchtlingspolitik bedeuten.