Es fehlt an Zeit und Geld für Menschen, die helfen
Zu »Handstreich gegen Selbstbestimmung«, 16.12., S. 4
Das neue Gesetz stellt gewerbliche und organisierte Formen der Beihilfe zum Suizid unter Strafe, also auf Wiederholung angelegte Beihilfe zum Suizid. An keiner Stelle im Gesetz ist von der Strafbarkeit ärztlicher Beihilfe zum Suizid die Rede, denn um eine Kriminalisierung von Angehörigen und Ärzten ging es ausdrücklich nicht! Vielmehr soll das Gesetz Entsolidarisierungstendenzen mit schwerstkranken, sterbenden, hochaltrigen Menschen in unserer Gesellschaft begegnen. Wenn im Text von 10 000 Menschen gesprochen wird, die »im vergangenen Jahr ein selbstbestimmtes Lebensende bevorzugt haben«, dann idealisieren Sie die Verzweiflungstat von Menschen, die häufig in einer Lebenskrise stecken und/oder psychische Probleme haben und die dringend Ansprache und Hilfe benötigt hätten.
Aber auch Menschen mit einer schweren, lebensbegrenzenden Erkrankung hilft man nicht, wenn man die Beihilfe zum Suizid als eine gesetzlich legitimierte Behandlungsoption neben anderen zur Verfügung stellt. Vielmehr braucht es Menschen, Zeit und Geld, um zu entlasten, zu begleiten, zu unterstützen.
Die Ablehnung einer vermeintlich liberaleren Regelung der Suizidbeihilfe als die Gesinnung »religiös-konservativer Kräfte« zu beschreiben, ist nicht nur vereinfacht, sondern schlichtweg falsch! Der Angst vor Würdeverlust in Pflegesituationen und bei Demenz sowie vor unerträglichen Schmerzen mit der gesetzlichen Legitimierung der gewerblichen und organisierten Beihilfe zum Suizid zu begegnen, kann in einer solidarischen Gesellschaft nicht gewollt sein. Vielmehr brauchen wir eine Kultur der Wertschätzung gegenüber kranken und sterbenden Menschen sowie flächendeckende Angebote der Hospiz- und Palliativversorgung. Angela Hörschelmann Deutscher Hospiz- und PalliativVerband, Berlin