Evangelischer Dschihadist
Wenn man so will, dann wurde ihm sein Drang zur Bekehrung anderer bereits in die Wiege gelegt. Theo Lehmann wurde 1934 als Kind eines Indien-Missionars in Dresden geboren. Später machte er seinen Glauben zum Beruf. Lehmann erwies sich dabei als ausgesprochener Querkopf mit großem Sendungsbewusstsein. Als Jugendpfarrer und Bluesfan hatte ihn das MfS ganz besonders auf dem Kieker. Im Umfeld des evangelischen Theologen, dessen Gottesdienste großen Zulauf hatten, platzierte man eine ganze Reihe von Inoffiziellen Mitarbeitern. Trotzdem durfte er Bücher veröffentlichen und verfasste Texte für Plattencover.
Seit den 70ern ist Lehmann Evangelist. So bezeichnet man überzeugte Christen, die nicht- und andersgläubigen Menschen die Grundlagen des Christentums nahe bringen, um so neue Schäfchen für Gottes schrumpfende Herde zu gewinnen. Sein missionarischer Eifer entspringt festen moralischen Überzeugungen, die weniger bibelfeste Menschen als reaktionär abtun würden. So gehörte Lehmann, als bekennender Kritiker der liberalen Theologie, zu den Unterzeichnern einer 2012 veröffentlichten Erklärung von Kirchenmitgliedern, wonach »praktizierte Homosexualität mit der Heiligen Schrift nicht vereinbar« sei.
Bereits 2004 hatte er einen Text publiziert, der jetzt große Wellen schlägt. Darin kommt seine große Sehnsucht nach christlichen Märtyrern zum Ausdruck. »Wir sollten die Atempause benutzen, um uns auf Zeiten vorzubereiten, in denen Christsein nicht mehr geil, sondern gefährlich ist. Was wir brauchen, sind bibelfeste und notfalls auch feuerfeste, KZ-fähige Christen«, so Lehmann damals.
Der wirre Aufruf zum christlichen Dschihad tauchte im Dezember in einem Gemeindebrief der Stadtmission Neustadt an der Weinstraße (Rheinland-Pfalz) auf. »Bild« bekam davon Wind und verbreitete so die unfrohe Botschaft. Und der Verfasser? Auf Nachfrage betonte der 81-Jährige, er würde den Text heute »vermutlich noch schärfer formulieren«.