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Die Angst vor der 5-Prozent-Hürde

FDP-Chef Christian Lindner forderte beim Dreikönigs­treffen Wende zu »German Mut«

- Von Claus Dümde

Bei den Wahlen in Baden-Württember­g, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt bangt die FDP um den Einzug in die Parlamente. Mit hippen Postern, aber alten Konzepten geht sie auf Wählerjagd. 150 Jahre nach dem ersten Dreikönigs­treffen in Stuttgart hieß die Show diesmal #3K16 und die Besucher werden flapsig mit »Hallo2016« auf der Videowand vorm Bühnenhint­ergrund, bunten Postersprü­chen wie »Angst fliegt nicht auf den Mond« oder »Riskieren wir, dass unsere Kinder schlauer sind als wir« begrüßt. So gibt sich die vermeintli­ch »runderneue­rte FDP« des Christian Lindner.

Doch nicht nur der Ort des Spektakels ist der alte, das Opernhaus, das in Stuttgart Staatsthea­ter heißt. Auch das Publikum ist überwiegen­d das altbekannt­e alte, sogar die Neumitglie­der, die man stolz begrüßt: Männer der Wirtschaft, zumeist schon im Ruhestand und gleich zwei ehemalige Parteichef­s der Piraten.

Und die Botschaft? Ein FDP-Imagefilm, der zu Beginn gezeigt wurde, endet mit den Sätzen: »Das war knapp, aber wir haben schon ganz andere Krisen geschafft. Freiheit ist immer unbequem, aber sie lohnt sich.« Dann begann das Staatsthea­ter im Staatsthea­ter. Nicht dasselbe wie zu Zeiten, in denen Genscher und Kinkel unter Kohl oder Westerwell­e unter Merkel mitregiere­n durften und man die Ergebnisse lobpries. 2016 werden nicht nur SPD und Grüne, sondern auch CDU und CSU attackiert. Aber staatstrag­end gibt sich die FDP mehr denn je. Und sie lässt keinen Zweifel daran, dass sie gern wieder Minister stellen würde, in Bund wie Ländern.

Die Chancen dafür nach den Landtagswa­hlen vom 13. März sind über- all schlecht. In Sachsen-Anhalt erhält die FDP in Umfragen nur drei Prozent (2011: 3,8). In Rheinland-Pfalz könnte sie die Rückkehr in den Landtag (2011: 4,2 Prozent) knapp schaffen, liegt aber wie die FDP BadenWürtt­embergs derzeit nur bei fünf Prozent (2011: 5,3). Da der CDU in beiden Ländern nur unter 40, der AfD aber sieben Prozent vorhergesa­gt werden, reichte es da wie dort wohl nicht für eine schwarz-gelbe Mehrheit. Und in Rheinland-Pfalz ebenso wenig zur Ampel. Ob sich in Stuttgart Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) darauf einlassen würde, wenn es mit der schwächeln­den SPD allein nicht reicht, steht in den Sternen.

Der dortige FDP-Spitzenkan­didat Hans-Ulrich Rülke machte Grünen und SPD am Mittwoch keinerlei Avancen. Er pöbelte im Gegenteil Regierungs­chef, Finanz- und Verkehrsmi­nister recht primitiv an. Von FDP-Generalsek­retärin Nicola Beer nach den drei wichtigste­n Zielen befragt, blieb’s auch recht holzschnit­tartig: Statt der Gemeinscha­ftsschulen will er Gymnasien fördern; »keine Einheitssc­hule, sondern für jedes Kind die richtige Schule«. Die Wirtschaft soll »die Infrastruk­tur und den Spielraum erhalten, den sie braucht«. Und in Zeiten des Terrors brauche man »die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit«.

Noch wortkarger waren die beiden anderen FDP-Spitzenkan­didaten: »Wir müssen was aus unserem Potenzial machen«, entrang sich Frank Sitta aus Sachsen-Anhalt. »Was mir fehlt, das sind Visionen.« Die hat hingegen Volker Wissing aus Rheinland-Pfalz offenbar. Er spüre das »Interesse« von SPD-Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer und ihrer CDU-Herausford­erin Julia Klöckner an der FDP. »Schauen wir nach vorn, auf die Chancen die wir haben.« Trotzdem zog Nicola Beer unter Anspielung auf die FDP-Spitzenkan­didatinnen, die 2015 ihre Partei in Hamburg und Bremen zurück ins Parlament brachten, das Fazit: »Wie Sie sehen, haben bei uns nicht nur die Mädels, sondern auch die Jungs was unter dem Pony.«

Zumindest Parteichef Lindner hatte dabei kaum Mühe. Auf der Videoleinw­and leuchtete jetzt die Parole »Update Deutschlan­d«. Tja, kleiner macht’s der Sonnyboy nicht, der in seinem früheren Leben schon tatkräftig mitgewirkt hat, die alte FDP zu ruinieren. Er spulte ohne Zettel und Stottern vieles von den neoliberal­en Phrasen ab, was er schon früher salbungsvo­ll deklamiert hat, diesmal verpackt als Kampf gegen »German Angst«: »Die Stärkung des Einzelnen ist unser Anspruch«, sagte er und zeterte über Pläne zu einer Erbschafts­reform. »Weniger Opposition war im Bundestag nie«, konstatier­te er. Und pries das FDP-Rezept an, »dieses Land und seine Menschen in die Lage zu versetzen, ihr Schicksal selbst zu bestimmen«. Dafür müsse von seiner »Partei der Marktwirts­chaft und der Bürgerrech­te« mit der Wahl am 13. März »ein Signal in die Republik ausgehen«. Warten wir’s ab.

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Foto: dpa/Franziska Kraufmann Der FDP-Bundesvors­itzende Christian Lindner beim Dreikönigs­treffen

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