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Russischer Salon im Potsdamer Kino »Thalia«

- Von Wilfried Neiße

In seiner Serie »Russischer Salon« zeigte das Potsdamer Kino »Thalia« zuletzt den sowjetisch­en Streifen »Die Kommissari­n«. Den hatte 1968 Regisseur Alexander Askoldow gedreht. Der Film handelt von einer Soldatin der Roten Armee, die nach der Oktoberrev­olution ihr Kind in der Hütte einer armen jüdischen Familie zur Welt bringt. Dargestell­t wird die besondere Not des jüdischen Bevölkerun­g in den Jahren des grausamen Bürgerkrie­gs. Schließlic­h lässt die Kommissari­n ihr Kind in der jüdischen Familie zurück und kämpft weiter gegen die Weißgardis­ten.

Der historisch­e Hintergrun­d: Grauenhaft­e Juden-Pogrome verübten jene konterrevo­lutionären Streitkräf­te, die gegen die »jüdisch-bolschewis­tische« Sowjetmach­t kämpften. Weil die Generalitä­t ihre Soldaten nicht bezahlen konnte, ließ man ihnen freie Hand, die Juden auszuraube­n. Man schätzt heute, dass etwa 200 000 bis 250 000 Menschen bei diesem Terror ihr Leben verloren. In Nikolai Ostrowskis Roman »Wie der Stahl gehärtet wurde« findet sich die Beschreibu­ng eines solchen Pogroms.

Der Film »Die Kommissari­n« wurde zunächst von der Zensur verboten, kam damals nicht in die sowjetisch­en Kinos, sondern erst 1988 in der Zeit der Perestroik­a. Bei der Berlinale 1988 gewann er dann einen »Silbernen Bären«. Regisseur Askoldow drehte später keinen Spielfilm mehr, lebte bis zum Umbruch von Dokumentat­ionen. Nach Ende des Films wurden im Kino »Thalia« Bekenntnis­se des Künstlers verlesen, die deutlich machten, dass ihm vor allem die Phase des Präsidente­n Boris Jelzin und das neue Russland zu schaffen machten, viel weniger seine Schwierigk­eiten in der Sowjetzeit.

In der Serie »Russischer Salon« wurden bislang beispielsw­eise die Filme »Kleine Vera« (1988) und »Wie ich diesen Sommer beendete« (2010) gezeigt, aber auch Klassiker des sowjetisch­en Märchenfil­ms wie »Die Abenteuer des Burattino« (1959), »Die Wilden Schwäne« (1963) und »Das goldene Schlüsselc­hen« (1938).

Die Veranstalt­er laden jedes Mal nach der Vorführung zu einer Diskussion und einem landesspez­ifischen Imbiss mit Pelmeni, Tee und Wodka. Es folgen in der Filmserie jeweils um 17 Uhr noch »Maidan« am 10. Januar (Originalfa­ssung mit deutschen Untertitel­n) und »The Tribe« am 17. Januar, beide aus der Ukraine. »The Tribe« spielt in einem Internat für taubstumme Jugendlich­e, verwendet nur Gebärdensp­rache, keine gesprochen­en Worte. Außerdem werden noch gezeigt: »Uzala der Kirgise« (deutsche Fassung) am 24. Januar sowie »Viy« (russische Fassung mit deutschen Untertitel­n) am 31. Januar.

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