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CDU-Chef Bouffier baut schon mal vor

Das Wahljahr beginnt mit Kommunalwa­hlen in Hessen

- Von Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden

In diesen Tagen blicken Aktivisten und Interessie­rte gebannt auf den Ausgang der Landtagswa­hlen am 13. März in Baden-Württember­g, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Doch bereits eine Woche früher findet ein wichtiger Urnengang statt: Im Sechs-Millionen-Land Hessen wird über die Zusammense­tzung der kommunalen Gremien in 426 Kommunen sowie 21 Kreisen entschiede­n.

Auf mögliche Überraschu­ngen am Wahlabend hat der Ministerpr­äsident und hessische CDULandesc­hef Volker Bouffier seine Parteifreu­nde bereits eingestimm­t. Niemand solle sich wundern, wenn der erstmals antretende­n »Alternativ­e für Deutschlan­d« (AfD) am 6. März als »Protestang­ebot und Ventil gegenüber den etablierte­n Parteien« der Einzug in Kommunalpa­rlamente gelänge, so Bouffier. Da bei Kommunalwa­hlen keine Fünf-Prozent-Hürde bestehe, genügten in größeren Städten schon weniger als zwei Prozent für ein Mandat, rechnete der Regierungs­chef vor.

Als CDU-Mann ist sich Bouffier der Tatsache bewusst, dass Proteststi­mmen für die AfD oder die von ihr abgespalte­ne »Allianz für Fortschrit­t und Aufbruch« (Alfa) den Christdemo­kraten fehlen könnten. Schließlic­h gehören Abtrünnige aus der Hessen-CDU wie Ex-Staatskanz­lei-Chef Alexander Gauland oder Frankfurts ExStadtkäm­merer Albrecht Glaser zu den Geburtshel­fern und Motoren der AfD. Dass eine Rechtspart­ei allein mit Parolen gegen Migranten punkten kann, ist für Hessen nichts Neues. So errangen die Republikan­er bei den Kommunalwa­hlen 1993 in Offenbach spektakulä­re 15,1 Prozent und in Wiesbaden 13,1 Prozent. Inzwischen sind sie weitgehend von der Bildfläche verschwund­en.

Schwächeln­d, aber noch nicht geschlagen zeigt sich die NPD. In ihrer langjährig­en Hochburg Wölfershei­m (Wetteraukr­eis) hat sie keine Liste mehr eingereich­t und wird nun erstmals seit 30 Jahren nicht mehr im Rathaus sitzen. Für den Wetterauer Kreistag, wo sie bislang zwei Sitze hat, tritt die NPD aber ebenso an wie AfD und Alfa. Nr. 1 auf der Alfa-Liste ist dort die frühere CDU-Politikeri­n und einstige EU-Abgeordnet­e Ursula Braun-Moser.

Stärker noch als rechte Proteststi­mmen dürfte indes das Lager der Nichtwähle­r wiegen. So ist die Wahlbeteil­igung bei hessischen Kommunalwa­hlen über Jahrzehnte drastisch gesunken – von mehr als 80 Prozent im Jahr 1972 auf unter 50 Prozent im Jahr 2011. Damit einher ging auch ein Niedergang der SPD im einst »roten Hessen« – von knapp 50 Prozent auf weniger als ein Drittel der abgegebene­n Stimmen. 2011 behauptete sich die CDU flächendec­kend mit 33,7 Prozent knapp vor der SPD, die 31,5 Prozent errang. Damals mussten die großen Parteien Federn lassen, während sich die Grünen auf 18,3 Prozent verdoppelt­en, was sicher auch Ausdruck des »Fukushima-Effekts« kurz nach der Atomkatast­rophe in Japan war.

Nun will die SPD, seit 1999 im Landtag in der Opposition, trotz schlechten Bundestren­ds zur stärksten Kommunalpa­rtei in Hessen werden und damit Bouffiers schwarz-grüner Koalition im Land einen Denkzettel verpassen. Bei den Oberbürger­meisterwah­len in Frankfurt 2012 und Wiesbaden 2013 war es relativ unbekannte­n SPD-Bewerbern gelungen, als aussichtsr­eich geltende CDU-Kandidaten zu schlagen.

Die hessische LINKE hatte 2011 rund 100 kommunale Mandate errungen und tritt auch jetzt wieder flächendec­kend in Kreisen und kreisfreie­n Städten an. Zu ihren Hochburgen zählen Kassel, Marburg und Frankfurt am Main.

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