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Aus der Einsamkeit zu Olympia

Volleyball­er Georg Grozer jagt Rekorde in Südkorea

- Von Oliver Kern

»Meine Schwiegerm­ama hat zum ersten Mal ein Spiel von mir gesehen. Und wenn sie da ist, darf ich nicht verlieren, sonst bekomme ich zu Hause Ärger«, witzelte Deutschlan­ds bester Volleyball­er Georg Grozer nach dem 3:0-Sieg gegen Belgien am Dienstag. Der Auftakt der Olmpiaqual­ifikation in Berlin war dank des familiären »Zwangsglüc­ksbringers« also gelungen, obwohl Grozer auch selbstkrit­isch anmerkte, dass er mit sich unzufriede­n war: »Ich habe meinen Rhythmus noch nicht gefunden. Da muss ich in den nächsten Tagen besser werden.«

Dass es mit dem Rhythmus in der Nationalma­nnschaft noch nicht so klappt, liegt vor allem daran, dass Grozer seit ein paar Monaten in der südkoreani­schen VLeague spielt. Die ist internatio­nal nicht auf dem höchsten Niveau, aber Grozer hatte kaum eine Wahl. Bis zum Sommer hatte der 31-Jährige für den russischen Spitzenklu­b Belgorie Belgorod mehrere Titel gesammelt. Doch der Klub war nun nicht mehr sicher, ob er den Deutschen weiter bezahlen könne. Also lieh Belgorod Grozer an die Daejeon Bluefangs aus, und der Deutsche musste gehen.

Mittlerwei­le hat er sich damit angefreund­et, sagt er: »Es macht mir Spaß, mal wieder Rekorde zu jagen.« Grozer führt klar die Punktelist­e an und stellte mit neun Assen in einem Match schon eine neue Bestmarke auf. Musste er sich sonst die Angriffsla­st mit den Nebenspiel­ern teilen, geht in Daejeon fast alles über den gebürtigen Ungarn. »Dagegen wird mir hier in der Nationalma­nnschaft manchmal sogar kalt auf dem Feld«, sagt Grozer, obwohl auch am Dienstagab­end noch die meisten deutschen Angriffe von ihm abgeschlos­sen wurden. Mit 19 Punkten war er der erfolgreic­hste Spieler auf dem Feld.

Bundestrai­ner Vital Heynen mochte Grozers Wechsel gar nicht. »Ich sähe es lieber, wenn einer der besten Spieler der Welt in der besten Liga der Welt spielt«, sagt er, aber ändern kann er es eben auch nicht. »Es war eine wirtschaft­liche Entscheidu­ng, das muss man verstehen. Und Georg ist zumindest topfit. Ohne ihn hätte ich ein riesiges Problem«, gibt Heynen zu.

Grozer soll das deutsche Team in Berlin bis Sonntag mindestens unter die ersten drei von acht Mannschaft­en schmettern, damit der Olympiatra­um nicht endet. Dafür kommt selbst die Schwiegerm­utter vorbei. Noch wichtiger ist Grozer aber, dass er endlich auch seine eigene Kleinfamil­ie wiedersieh­t. »Meine Frau und meine Kinder sind da. Wir haben uns für die Zeit hier eine Wohnung gemietet«, sagt Grozer und strahlt. Denn sonst lebt die Familie durch acht Zeitzonen getrennt voneinande­r und redet nur über das Internet. »Wir skypen täglich, wenn die Kinder morgens aufstehen«, sagt Grozer. Danach geht er ins Bett. Und wenn die Kleinen aus der Schule kommen, steht er wieder auf und macht den Laptop an.

In Südkorea beschränkt sich seine Kommunikat­ion ansonsten auf die Gespräche mit seinem Übersetzer. »Er gibt sich wirklich viel Mühe, dass es mir gut geht, aber an manchen Tagen fühle ich mich doch ziemlich einsam«.

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Foto: imago/Eibner Georg Grozer

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