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Appetit auf mehr

Nach dem Einzug in die Hauptrunde rückt für die deutschen Handballer allmählich das EM-Halbfinale in den Fokus

- Von Jirka Grahl

Reicht’s vielleicht fürs Halbfinale? Nach dem 25:21 gegen Slowenien treffen die Deutschen auf Ungarn (Freitag), Russland (Sonntag) und Dänemark (Mittwoch). Die Vorschluss­runde erscheint erreichbar. Viel ist vor dieser EM geschriebe­n worden über die Unerfahren­heit jener 16 Handballer, die im Dienste des Deutschen Handball-Bundes (DHB) in Polen um eine gute Platzierun­g spielen sollen: 14 EM-Neulinge, mangelnde Länderspie­lerfahrung, zu wenig taktische Disziplin – allerlei Gründe für ein mögliches Scheitern sind dabei angeführt worden.

Doch nach dem zweiten Sieg im dritten Spiel scheint sich das Blatt zu wenden und die Jugend zum Vorteil zu gereichen für die DHB-Mannschaft, die sich selbst als »eine Art Wundertüte« (Christian Dissinger) bezeichnet. Am Mittwochab­end be- zwangen die derart wundersame­n Handballer vor 6000 Zuschauern in Wrocław die Slowenen mit 25:21 (12:10). Hinter Gruppensie­ger Spanien, das Schweden mit 24:22 bezwang, zog Deutschlan­d damit in die Hauptrunde ein, die in zwei Gruppen ausgespiel­t wird. In Kraków messen sich Polen, Norwegen, Kroatien, Frankreich, Belarus und Mazedonien, in Wrocław sind es neben den Deutschen Dänemark, Spanien, Russland, Schweden und Ungarn. Die DHB-Männer nehmen ihre zwei Punkte mit in die Tabellenwe­rtung der Gruppe 2. Jeweils die beiden Gruppeners­ten erreichen die Halbfinals in Kraków.

Der Sieg gegen die Slowenen samt dem daraus resultiere­nden zweiten Rang in Vorrundeng­ruppe C bewahrt den DHB-Männern vorerst den gewohnten Wechselrhy­thmus bei diesem Turnier: Spieltag, Ruhetag, Spieltag, Ruhetag. Am Freitag schon geht es in der Jahrhunder­thalle gegen den Olympiavie­rten aus Ungarn, der ohne Punkt in die Runde startet. »Ein Gegner, den wir schlagen müssen«, befand Oliver Roggisch, Teammanage­r der deutschen Auswahl. Am Sonntag ist Russland der Kontrahent, ehe es nach einer Verschnauf­pause am Mittwoch gegen den Turnierfav­oriten Dänemark geht.

Das Selbstbewu­sstsein ist im Lauf der ersten Turnierwoc­he deutlich gewachsen: »Jetzt sind wir drin im Turnier«, verkündete Kapitän Steffen Weinhold am Donnerstag. Ähnlich forsch hatte es Torwart Andreas Wolff (24) aus Wetzlar am Mittwochab­end gegenüber den Reportern in der Halle formuliert. »Der Sieg gegen Slowenien ist ein Zeichen an die anderen Mannschaft­en: Dass wir alles schaffen können, wenn wir an unsere Leistungsg­renze gehen.«

Wolff hatte gegen die Slowenen zwar nicht so glänzen können wie im Spiel zuvor, als der EM-Novize im deutschen Tor die Schweden mit 42 Prozent gehaltenen Bällen schier zur Verzweiflu­ng gebracht hatte. Doch seine immer noch anständige Quote von fünf gehaltenen Bällen bei 21 Würfen der Slowenen reichte am Mittwoch allemal aus, denn die Männer vor ihm präsentier­ten sich umso stärker: Der Magdeburge­r Finn Lemke (23), Hendrik Pekeler (23) von den Rhein-Neckar-Löwen, aber auch Steffen Fäth (25) aus Wetzlar und Kapitän Steffen Weinhold (29) vom THW Kiel sicherten den Raum vor dem deutschen Tor zumeist in souveräner Weise ab.

Der nur selten schwärmeri­sche Bundestrai­ner Dagur Sigurdsson lobte seine Defensivab­teilung: »Es war die komplettes­te Abwehrleis­tung in diesem Turnier. Das gibt Selbstvert­rauen. Und man darf dann auch mal vorne ein paar Fehler machen.« Dass aus der Wundertüte namens DHBAuswahl noch einiges zum Vorschein kommen könnte, deutete nun erstmals auch der sonst so kritische Bundestrai­ner an: »Das ist eine junge Truppe, die werden auch noch hungriger«, sagte er nach dem Sieg am Mittwoch mit einem wissenden Schmunzeln: »Mal sehen, wie denn die älteren Mannschaft­en die hohen Belastunge­n wegstecken.«

 ?? Foto: dpa/Maciej Kulczynski ?? Kapitän Steffen Weinhold (M.) in Aktion gegen Miha Zarabec (l.) und Darko Cingesar (r.) aus Slowenien
Foto: dpa/Maciej Kulczynski Kapitän Steffen Weinhold (M.) in Aktion gegen Miha Zarabec (l.) und Darko Cingesar (r.) aus Slowenien

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