nd.DerTag

Wahrer als richtig

- Velten Schäfer besichtigt die Gerüchtekü­che der Flüchtling­skrise

Anders als »kalt« kennt »wahr« keine Steigerung: Wahr oder nicht, so sagt es der Duden. Doch tatsächlic­h trennt Wahrheit nicht »richtig« und »falsch«. Wahrheit macht Sinn und gibt Orientieru­ng. Sie schöpft aus Haltung und will verändern.

Die Geschichte hat das schon oft gesehen. Nicht die »Aufklärung« zündete die Französisc­he Revolution, sondern die »Grande Peur«: Man glaubte, der Adel schicke Diebesgesi­ndel aufs Land. Das war nicht richtig, der Grund war die Krise. Aber es machte sich wahr und es wirkte.

Auch um die Flüchtling­e ist vieles wahrer als richtig. So hat jüngst in Traunstein keine Flüchtling­sgruppe ein Mädchen in einer Unterführu­ng vergewalti­gt. Und niemand vertuscht das. Es gab in Traunreut, fern jeder Unterführu­ng, in der Silvestern­acht einen Übergriff. Der einzelne Täter wird belangt.

Jetzt erlebt auch Berlin seine Welle der Wahrheit. Zu jener 13Jährigen, die längst Kampagnens­toff ist, hatten womöglich Männer Kontakte, die das Gesetz verbietet. Mit Asyl hat das nichts zu tun. Und nun ist auch kein Flüchtling verstorben, weil er beim Schlangest­ehen eine Grippe verschlepp­te. Es kann dort sehr kalt sein und viele husten.

Prüfen statt Glauben wird jetzt empfohlen. Das ist schon richtig, aber nicht menschlich. Das Leben ist ein Haufen einzelner Fälle, und wir sind nur »symbolisch­e Tiere«. Wir brauchen die Wahrheit, um die Welt zu ordnen. Unsere Haltung ist das, worüber wir streiten können und sollten.

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