Eine Lüge zur Unzeit
Was genau Dirk V. zu seiner so folgenreichen Lüge, dass ein syrischer Flüchtling nach dem Warten am Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) gestorben ist, getrieben hat, blieb auch am Donnerstag schleierhaft. Mitstreiter des Helfers hatten V. in den Monaten zuvor immer als vertrauenswürdig erlebt. Es bleibt zu hoffen, dass der Auslöser dieser Geschichte selber Hilfe erhält. Dass der offenbar ausgebrannte Flüchtlingshelfer der Sache der Ehrenamtlichen in dieser Stadt mit seiner erfundenen Geschichte keinen Gefallen getan hat, versteht sich von selbst.
Die Lüge kommt aber auch deshalb zur Unzeit, weil sie nicht nur das Anliegen der so bewundernswert aufopfernden Flüchtlingshelferinnen und -helfer in dieser Stadt diskreditiert, sondern auch den Rechtspopulisten und noch weiter rechts Stehenden weiteren Auftrieb verleiht. Einen Vorgeschmack gab es am Donnerstag im Foyer des Abgeordnetenhauses zu sehen, wo einige Pöbelbürger, die sich als Mitglieder der AfD ausgaben, damit drohten, mit 15 Prozent in das Landesparlament einzuziehen.
Das wirklich perfide ist aber: Jetzt zerreißt sich fast die ganze Stadt das Maul über offenbar wirre Facebook-Kommentare eines ausgebrannten und wohl selbstsüchtigen Helfers, wodurch die wirkliche Problematik in den Hintergrund gedrängt wird. Denn trotz aller Sofortmaßnahmen des Senats bleibt die soziale Situation in der Flüchtlingsunterbringung katastrophal. Aktuell bekommen viele Flüchtlinge kein Geld, um sich zu versorgen. Auch in diesen Situationen springen häufig Ehrenamtliche ein. Sie kompensieren immer mehr das krasse Verwaltungsversagen, das der eigentliche Skandal ist.