Nuklearer Abfall schöngerechnet
Die Sanierung des Atommülllagers Asse nutzt der Region wirtschaftlich, besagt eine Studie
Seit Jahren arbeiten Experten an der Rückholung der Atommüllfässer im maroden Bergwerk Asse. Das verschlingt Steuergelder in Millionenhöhe. Immerhin bleibt viel davon in der strukturschwachen Region. Wer »Asse« hört, denkt meist an Atommüll, rostende Fässer und horrende Kosten. Tatsächlich kostet die Sanierung des maroden Bergwerks im niedersächsischen Kreis Wolfenbüttel den Bund derzeit jeden Tag rund 300 000 Euro. Auf knapp 120 Millionen Euro beliefen sich die öffentlichen Mittel alleine im vergangenen Jahr. Seit 2009 haben sich die jährlichen Aufwendungen damit annähernd verdoppelt. Wie viel Steuergelder noch in die Asse fließen werden, vermag niemand seriös vorherzusagen.
Doch einem neuen Gutachten zufolge hat die noch Jahrzehnte dauernde Sanierung des Bergwerks auch positive wirtschaftliche Effekte auf die Region und darüber hinaus. Das für das Bergwerk Asse verantwortliche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und die mit der Betriebsführung beauftragte Asse-GmbH stellten die Studie am Donnerstag in Hannover vor. Erarbeitet wurde sie vom Niedersächsischen Institut für Wirtschaftsforschung.
»Wir möchten zeigen, dass wir ein Projekt haben, das Arbeitsplätze schafft«, sagte BfS-Präsident Wolfram König. Der Untersuchung zufolge haben 2014 die Ausgaben in Höhe von 114 Millionen Euro deutschlandweit für den Erhalt von mehr als 1700 Arbeitsplätzen gesorgt. Die Zahl beinhaltet zum einen die direkt bei der Asse-GmbH Beschäftigten. Andererseits umfasst sie diejenigen Stellen, »die benötigt werden, um alle nachgefragten Dienstleistungen und Güter im Rahmen des Umweltprojektes zu erbringen.« Den größten Anteil davon machen Arbeitsplätze bei Zulieferfirmen aus, knapp 200 Stellen seien durch die Konsumausgaben der direkt Beschäftigten geschaffen worden.
Die Anzahl der unmittelbar bei der Asse-GmbH beschäftigten Mitarbei- ter stieg von 251 im Jahr 2009 auf derzeit 460 – die Gesellschaft ist damit inzwischen das größte Industrieunternehmen im Landkreis Wolfenbüttel. Beim Bundesamt für Strahlenschutz, das im nahen Salzgitter seinen Sitz hat, wurden 121 Vollzeitstellen nur für das Projekt Asse eingerichtet.
Die meisten Mitarbeiter wohnten in der Region um das Bergwerk und sorgten durch Konsumausgaben für positive wirtschaftliche Effekte, sagte der Kaufmännische Geschäftsführer der Asse-GmbH, Hans-Albert Lennartz. Die Region – das meint die Landkreise Peine, Gifhorn, Wolfenbüttel, Helmstedt, Goslar sowie die Städte Braunschweig, Wolfenbüttel, Salzgitter und Goslar.
Mit Blick auf künftige Großprojekte wie etwa den Bau eines neuen Schachtes zur Bergung der radioaktiven Abfälle aus der Asse werde es »weiterhin einen wachsenden Bedarf an Mitarbeitern und techni- schen Spezialanforderungen geben«, prognostiziert König. Der These, dass die Region also umso mehr prosperiert, je länger die Schließung des maroden Bergwerks dauert, widersprach der Behördenchef jedoch. Der Auftrag laute, das Atommülllager so sicher und zügig wie nur möglich zu schließen, bekräftigte König.
König verwies dann auch noch auf die in die Region fließenden Mittel aus dem sogenannten Asse-Fonds, der von der Bundesregierung jährlich mit drei Millionen Euro gefüllt und von einer Stiftung verwaltet wird. Vereine, Initiativen und Verbänden können Mittel aus diesem Fonds erhalten, um Nachteile auszugleichen, die durch das Atommülllager entstehen.
In das frühere Salzbergwerk Asse wurden zwischen 1967 und 1978 rund 126 000 Fässer mit schwach und mittelradioaktivem Atommüll sowie chemische Abfälle eingelagert. Weil die Grube voll Wasser zu laufen droht, sollen die Abfälle nach Möglichkeit geborgen werden. Viel Geld muss dafür noch investiert werden.