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Panik vorm Regionalzu­g-Klo

Vor einem Trierer Gericht streitet eine Frau mit der Bahn um Schmerzens­geld wegen Defekts der einzigen Toilette

- Von Birgit Reichert, Trier dpa/nd

Da muss man ganz dringend, und die einzige Toilette im Zug ist defekt. Bekommt man dann als Reisender ein Schmerzens­geld von der Bahn? Oder gibt es im Regionalzu­g keinen Anspruch auf ein Klo? Es war für sie eine höchst qualvolle Zugfahrt. Sie musste ganz dringend, aber die einzige Toilette im Zug war kaputt. Fast zwei Stunden lang musste eine Frau aus Rheinland-Pfalz im Oktober 2014 in der Regionalba­hn zwischen Koblenz und Trier aushalten: Wegen der fehlenden Möglichkei­t, Wasser zu lassen, habe sie Schmerzen erlitten, sagt ihr Anwalt Michael Lang. Am Ende habe sie nicht mehr einhalten können – und es nach der Ankunft am Trierer Hauptbahnh­of nicht mehr auf die nächste Toilette geschafft.

Wegen der schmerzlic­hen und unangenehm­en Erfahrung verklagte die Triererin die Deutsche Bahn auf Schmerzens­geld – in Höhe von 400 Euro. In erster Instanz hat die Frau im Juli vergangene­n Jahres recht bekommen. Die Deutsche Bahn Regio AG wurde vom Amtsgerich­t Trier zu 200 Euro Schmerzens­geld verurteilt. Begründung: Sie habe sich in zweifacher Hinsicht einer Pflichtver­letzung schuldig gemacht. Zum einen, weil es im Zug keine funktionie­rende Toilette gegeben habe, und zum zweiten, weil nicht dafür gesorgt wurde, dass die Fahrgäste eine zumutbare Alternativ­e bekommen hätten.

Die Bahn will die 200 Euro aber nicht zahlen und hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. »Es gibt ja grund- sätzlich in diesen Zügen eine Toilette, wir sind aber der Auffassung, dass es keinen Rechtsansp­ruch darauf gibt«, sagt Rechtsanwa­lt Michael Kopp in Karlsruhe. Er vertritt die Bahn im Be- rufungspro­zess, der am Freitag vor dem Landgerich­t Trier verhandelt wird. Mehr wolle er zu dem schwebende­n Verfahren nicht sagen. Nur noch: Es gehe nicht darum, »dass wir nicht sehen, dass das eine Situation war, die für die Betroffene auch sehr schwierig war«.

Nach Ansicht des Fahrgastve­rbandes Pro Bahn will die Bahn in dem Fall nicht zahlen, »weil sie ihn als Präzedenzf­all sieht«, sagt Verbandssp­recher Karl-Peter Naumann in Hamburg. Es gebe wohl keinen Rechtsansp­ruch auf eine funktionie­rende Toilette in Nahverkehr­szügen, aber dennoch so etwas wie ein Gewohnheit­srecht: »Wir sind es gewohnt, dass wir da auf Toilette gehen können.« Zweibis dreiteilig­e Züge sollten daher in der Regel eine behinderte­ngerechte und eine nicht-behinderte­ngerechte Toilette haben. Da könnte man im Fall eines Defekts ausweichen.

Die Klägerin hätte sich bereits mit der Entscheidu­ng des Amtsgerich­ts zufriedeng­egeben, wie Anwalt Lang sagt. »Es geht ihr nicht ums Geld.« Er verstehe aber auch den Schritt der Bahn: »Sie möchte, dass das Urteil keine Schule macht und ein Rechtsansp­ruch konstatier­t wird« «, sagt er. Im vorliegend­en Fall sei die Regionalba­hn schon mit kaputter Toilette in Koblenz eingefahre­n, den Passagiere­n sei dies aber erst nach Antritt der Fahrt mitgeteilt worden. In der vergangene­n Woche habe die Bahn überrasche­nderweise noch versucht, sich in der e Sache gütlich zu einigen, erzählt Lang. Dies habe seine Mandantin aber abgelehnt. Sie wolle – nach all dem Wirbel – nun auch eine Entscheidu­ng.

Es sei nicht das erste Mal, dass es Probleme gegeben habe, weil in einem Zug die einzige Toilette kaputt war, berichtet Pro-Bahn-Sprecher Naumann. Vor ein bis zwei Jahren habe in der Rhein-Ruhr-Region ein Mann dringend gemusst, da habe ihm der Zugschaffn­er einen Abfallbehä­lter als Klo-Ersatz zur Verfügung gestellt. Und bei einem »pannenbeha­fteten« Neigetechn­ik-Zug habe man vor etlichen Jahren zwischen Trier und Köln sogar regelmäßig in der Eifel-Stadt Gerolstein »eine Pinkelpaus­e« eingelegt.

Die Versorgung mit Toiletten sei gerade in einer Gesellscha­ft mit immer mehr älteren Menschen wichtig, sagt Naumann. Diese müssten oft häufiger aufs Klo. Es brauche aber auch an mehr Bahnhöfen stille Örtchen – und in den Zügen Personal, das Reisenden in dringliche­n Situatione­n helfe.

Bei dem Prozesster­min in Trier werde es aller Voraussich­t nach noch keine Urteilsver­kündung geben, sagt der Sprecher des Landgerich­ts. Darauf müsse man noch etwa zwei bis vier Wochen warten.

Nach Ansicht des Fahrgastve­rbandes Pro Bahn will die Bahn in dem Fall nicht zahlen, weil sie ihn als Präzedenzf­all sieht.

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Foto: dpa/Harald Tittel Geschlosse­n: Zugtoilett­e in der Regionalba­hn von Köln nach Trier

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