nd.DerTag

Vom Sofa ins EM-Halbfinale

Der nachnomini­erte Julius Kühn erwies sich gegen Dänemark gleich als sehr nützlicher Ersatz im Rückraum

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Wie geht’s Ihnen nach diesem Einstand bei einem Länderspie­l, das den größten Erfolg des deutschen Handballs der vergangene­n Jahren bedeutet? Gut, danke. Es ging natürlich sehr schnell: Sonntag noch auf dem Sofa gesessen und die EM im Fernsehen gesehen, nun stehe ich in einem Europameis­terschafts-Halbfinale. Aber ich nehme das gerne an. Vorm Fernseher, wer hatte Ihnen im Turnier am besten gefallen? Ich hatte schon mit einem EM-Finale Frankreich gegen Dänemark ge- rechnet. Doch nun sind beide raus und stattdesse­n spielen Teams wie wir oder Norwegen ums Endspiel. Auch die Kroaten haben es noch gegen Polen geschafft, obwohl die anfangs nicht so stark waren. Hatten Sie insgeheim noch auf einen Einsatz gehofft? Man hofft ja nicht, dass sich ein Kollege verletzt. Aber ich sollte eben die Tasche gepackt haben, weil immer was passieren kann. Unser Mannschaft­sarzt Kurt Steuer sagte mir auch, dass bisher bei fast jedem Turnier jemand nachnomini­ert wurde. Wie schnell fühlt man sich in dieser Truppe heimisch? Ich kannte viele von den Jungs schon vorher. Carsten Lichtlein und Simon Ernst spielen bei mir im Verein. Auch beim Lehrgang vor der EM in Berlin war ich dabei. Ich war also sofort drin. Hatten Sie gleich das Gefühl, dass die Mannschaft etwas reißen kann? Ja, das habe ich schon in den ersten Spielen gesehen: diesen Zusammenha­lt haben nicht viele. Das machte uns auch gegen Dänemark stark. Wir haben nicht den einen Superkönne­r. Jeder hat aber seine Rolle im Team und wir schafften es letztlich, mit der Breite unseres Kaders Dänemark zu schlagen. Sie wagten zweimal den direkten Abschluss nach Freiwürfen ... Das hatten wir am Dienstag im Training noch geübt, und es klappte gut. Dagur Sigurdsson hat mir dann gesagt, dass wir es gegen Dänemark womöglich probieren werden. Der erste Versuch ging daneben. Wir wollten das einfach als Variante nutzen: Dann lieber mal einen Wurf daneben setzen, ist ja immer noch besser als ein Ballverlus­t durch technische­n Fehler, der einen Konter provoziert. Für solche taktischen Ausnahmen ist Dagur bekannt. Er lässt uns oft überrasche­nde Dinge spielen. Gegen Dänemark wechselte er zwischen drei verschiede­nen Abwehrform­ation. Dazu viel Bewegung vorm gegnerisch­en Kreis und immer wieder Spielerwec­hsel. Das sieht sehr komplex aus, wie anspruchsv­oll ist das für Sie? (lacht) Das sieht nicht nur so aus, das ist komplex: Manchmal frage ich mich auch: Muss ich jetzt rein oder nicht? Es hat am Ende aber gut geklappt und die Dänen sicherlich verwirrt. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir so viele Varianten drauf haben. Was wissen Sie von Ihrem Halbfinalg­egner, den Norwegern? Noch nicht viel. Wir werden uns jetzt in Kraków mit ihnen beschäftig­en. Die Norweger sind eine Überraschu­ngsmannsch­aft wie wir. Aber wer Frankreich mit fünf Toren schlägt, hat Respekt verdient.

 ?? Foto: imago/Camera 4 ?? Julius Kühn hatte gerade mal zwei Länderspie­le bestritten, bevor der 21-Jährige bei der EM im linken deutschen Rückraum ran durfte. Bundestrai­ner Dagur Sigurdsson hatte den 1,98 Meter großen Gummersbac­her erst am Montag mit Kai Häfner nachnomini­ert....
Foto: imago/Camera 4 Julius Kühn hatte gerade mal zwei Länderspie­le bestritten, bevor der 21-Jährige bei der EM im linken deutschen Rückraum ran durfte. Bundestrai­ner Dagur Sigurdsson hatte den 1,98 Meter großen Gummersbac­her erst am Montag mit Kai Häfner nachnomini­ert....

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