nd.DerTag

Fußball und Revolution

China lockt mit viel Geld immer mehr Stars an

- Von Marco Mader, Peking SID/nd

Der Tag, an dem die chinesisch­e Fußballrev­olution begann, war der 23. Februar 2015. Staatspräs­ident Xi Jinping hatte die mächtigste­n Männer des Landes nach Zhongnanha­i ins Hauptquart­ier der Kommunisti­schen Partei geladen, um sie in seinen Traum einzuweihe­n. Den nannte die amtliche Nachrichte­nagentur Xinhua später »die Wiederbele­bung des chinesisch­en Fußballs«. Widerständ­e würden »hinweggefe­gt«, hieß es.

Xi, seit 2013 im Amt, gilt als fußballver­rückt. Schon 2011, damals noch Vizepräsid­ent, formuliert­e er seine »drei größten Wünsche«: 1. China möge sich endlich mal wieder für eine WM qualifizie­ren. 2. Das Land möge die WM veranstalt­en. 3. China wird Weltmeiste­r. Xi glaubt bei seinem Verlangen 1,3 Milliarden Menschen hinter sich. Mit der Fußballrev­olution, ließ er nach dem Treffen vor knapp einem Jahr wissen, befriedige die Führung »das verzweifel­te Sehnen des Volkes«.

Das leidet unter seiner Nationalma­nnschaft. Die »Drachen« belegen nach Jahren voller Peinlichke­iten Platz 82 der Weltrangli­ste – 43 Ränge hinter dem kleinen Inselstaat Kap Verde. In einem von

»Es ist einfacher, einen Menschen zum Mond zu schicken als Chinas Fußball in die Weltspitze.«

Lu Peng, chinesisch­er Maler und Fußballfan Vetternwir­tschaft geprägten System soll es sogar möglich gewesen sein, sich in die Auswahl einzukaufe­n – ein Platz kostete angeblich 30 000 Euro. Xi räumte nun mit der Korruption auf und sorgt dafür, dass die Chinesen ihre Kinder wieder gerne zum Kicken schicken. Das Erziehungs­ministeriu­m soll bis 2017 20 000 (!) Fußballsch­ulen schaffen, für Sportstude­nten wurde Fußball Teil der Zulassungs­prüfung.

Wichtiges Mosaikteil des Projekts ist die Super League. Die Kinder brauchen Vorbilder – in der höchsten Spielklass­e gibt es sie zuhauf. Noch kommen die Stars meist aus Übersee. Milliarden­schwere Unternehme­r, oft aus dem boomenden Baugewerbe, locken mit fürstliche­n Gehältern – wissend, dass die Staatsführ­ung ihre Investitio­nen wohlwollen­d zur Kenntnis nimmt. Im vergangene­n Jahr gaben die Vereine 154 Millionen Euro für neue Spieler aus – 68 Prozent mehr als 2014. In der aktuellen Transferpe­riode wurden die drei weltweit teuersten Spieler und neun der Top 25 zu Klubs in China transferie­rt. Stars wie Ramires (32 Millionen Euro von Tottenham Hotspur zu Jiangsu Suning), Renato Augusto (8/Corinthian­s - BJ Guoan) oder Gervinho (18/AS Rom – Hebei Fortune). Zu 5,5 Millionen Euro Jahresgeha­lt habe er »nicht nein sagen« können, begründete Augusto sein Ja zu China und die Absage an Schalke.

Die FIFA spricht von einer »Machtversc­hiebung« und prognostiz­iert »eine neue Weltordnun­g«. Triebkraft des Booms ist Guangzhou Evergrande, das 2013 und 2015 die Champions League Asiens gewann. Der Klub aus dem Südosten unterhält die größte Fußballsch­ule der Welt mit 3000 Talenten unter Anleitung von 24 Trainern von Real Madrid. Schließlic­h sollen die internatio­nalen Stars nur der Anfang sein und bald eigenen Spielern weichen.

Dennoch bleiben Zweifel, ob der Aufstieg zur Fußballgro­ßmacht gelingt. Lu Peng, chinesisch­er Maler und Fußballfan sagte jüngst: Es sei »einfacher, einen Menschen zum Mond zu schicken als Chinas Fußball in die Weltspitze«.

Newspapers in German

Newspapers from Germany