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Gesundheit­sversorgun­g statt Sambaparad­en

Brasiliens Karneval steckt in der Krise – 50 Städte sagen die Feiern ab

- Von Regine Reibling, Quito

Die tiefe Wirtschaft­skrise in Brasilien wirkt sich auch auf den Karneval aus. Statt in Sambaparad­en investiere­n die Städte in Gesundheit­sversorgun­g, neue Straßen und den Kampf gegen das Zikavirus. Karneval ist das größte Fest in Brasilien. Es steht für Leidenscha­ft, Lebensfreu­de und Identität der Brasiliane­r. Doch in diesem Jahr ist vielen Menschen gar nicht zum Feiern zumute. Wirtschaft­skrise, Korruption­sskandal und die Angst vor einer Epidemie des Tropenviru­s Zika drücken auf die Stimmung. Rund 50 Städte in acht Bundesstaa­ten haben die Karnevalsf­eierlichke­iten abgesagt, wie das Onlineport­al G1 berichtet.

Andere Städte schränken die Ausgaben für die traditione­llen Sambaparad­en deutlich ein oder hoffen auf private Geldgeber. »Nicht unbedingt nötige Leistungen werden zuerst gekürzt«, betonte Gabriel Rapassi, Kulturvera­ntwortlich­er von Campinas im Bundesstaa­t São Paulo. In den vergangene­n Jahren habe die Stadt 1,3 Millionen Real (294 000 Euro) für Sambaparad­en ausgegeben, doch die Steuereinn­ahmen seien dramatisch gesunken. In Porto Ferreira, ebenfalls im Bundesstaa­t São Paulo, entschied der Bürgermeis­ter, die 150 000 Real für den Karneval lieber in die Gesundheit­sversorgun­g zu stecken.

Brasilien befindet sich seit mehr als einem Jahr in einer Rezession. 2015 schrumpfte die Wirtschaft um 3,7 Prozent, 2016 wird ein Rückgang um 3 Prozent erwartet. Die Inflation klet- terte im November auf rund 10 Prozent. Die Arbeitslos­igkeit ist mit 6,8 Prozent so hoch wie seit 2009 nicht mehr, meldeten Medien am Donnerstag. Hinzu kommt der Korruption­sskandal um den halbstaatl­ichen Ölkonzern Petrobras, in den auch die regierende Arbeiterpa­rtei verwickelt ist. Der niedrige Ölpreis zwingt das Unternehme­n zu Sparmaßnah­men.

Der Sitz des Ölriesens befindet sich in Rio de Janeiro, das am Tropf des Unternehme­ns hängt. Die Krise werden die Besucher in der Karnevalsh­ochburg kaum zu spüren bekommen. Die Zuschüsse für die Samba- schulen seien verdoppelt worden, so die spanische »El Pais«. Große Sorgen bereitet den Behörden eine drohende Zikavirus-Epidemie. Tausende Beamte sind mit Insektengi­ft unterwegs.

Wirtschaft­liche Einsparung­en gibt es beim Straßenkar­neval in Rio. Die Organisato­ren kürzen bei Musikern und Masken. Das spüren die Traditions­geschäfte. Olga Valles, Besitzerin von Condal, einer der größten Produzente­n von Karnevalsm­asken, hat in der Saison ein Drittel weniger verkauft als üblich. »Die wirtschaft­liche Situation ist noch schlechter, als viele Menschen sich vorstellen.«

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Foto: imago/Fotoarena So bunt war der Karneval in Rio noch im vergangene­n Jahr.

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