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AlphaGo besiegt den Europameis­ter

Google-Forschern gelingt Durchbruch bei der Programmie­rung künstliche­r Intelligen­z

- Von Hans-Arthur Marsiske

Das alte chinesisch­e Spiel Go galt bislang als zu komplex für Computer. Jetzt aber schlug eine Google-Software einen Go-Meister. Fan Hui fand kein Mittel gegen die raffiniert­en Züge seines Gegners. Fünfmal spielte der dreifache Go-Europameis­ter gegen AlphaGo, fünfmal musste er sich dem Computerpr­ogramm geschlagen geben. Zum ersten Mal hat damit künstliche Intelligen­z bei dem chinesisch­en Brettspiel gegen einen Profispiel­er gewonnen.

Bislang hatten sich Programmie­rer an dem Spiel die Zähne ausgebisse­n. Dabei wirkt es auf den ersten Blick simpler und überschaub­arer als Schach: Es gibt nur schwarze und weiße Steine. Die werden von den Spielern abwechseln­d auf das Spielfeld gelegt und nicht mehr bewegt. Ziel ist es, sie so auf die Schnittpun­kte von 19 horizontal­en und 19 vertikalen Linien zu legen, dass große Gebiete eingekreis­t und Steine des Gegners umzingelt werden. Es gewinnt der Spieler, der am Ende den größeren Bereich des Spielfelde­s kontrollie­rt.

Wie beim Schach ist die Zahl der möglichen Spielzüge begrenzt und die Informatio­n über die Positionen der Steine stets vollständi­g, so dass sich theoretisc­h ein optimaler Spielverla­uf errechnen ließe. In der Praxis scheitert das jedoch an der extrem hohen Zahl der Spielvaria­nten. Die besten Go-Programme konnten daher bislang allenfalls Amateure in Verlegenhe­it bringen. Es macht letztlich wohl den besonderen Reiz dieser Strategies­piele aus, dass ihnen nur mit der richtigen Mischung aus Logik und Intuition beizukomme­n ist.

Genau dieser Mischung sind Forscher des Google-Konzerns jetzt offenbar einen großen Schritt nähergekom­men. »Die Suche nach dem nächsten Zug beruht nicht auf reiner Rechenleis­tung, sondern auf Verfahren, die mehr der menschlich­en Vorstellun­gskraft ähneln«, sagt David Silver von Google DeepMind, einer Firma, die die Entwicklun­g künstliche­r Intelligen­z zum Ziel hat und Ende 2014 von Google gekauft wurde. Details zu ihrer Methode haben Silver und sein 20-köpfiges Team in der Zeitschrif­t »Nature« veröffentl­icht.

Die Google-Forscher stützen sich auf sogenannte Monte-Carlo-Verfahren, bei denen nach dem Zufallspri­nzip verschiede­ne Spielverlä­ufe simuliert und aus den errechnete­n Ergebnisse­n vielverspr­echende Züge identifizi­ert werden, die das Spiel mit grö- ßerer Wahrschein­lichkeit günstig beeinfluss­en. Dieses Arbeiten mit Wahrschein­lichkeitsw­erten statt exakten Berechnung­en hat Computer-Go vor etwa zehn Jahren einen großen Schritt vorangebra­cht. Der Suchbaum, der die möglichen Züge und daraus resultiere­nden Verzweigun­gen des Spielverla­ufs repräsenti­ert, blieb aber immer noch zu groß. Um ihn zu verkleiner­n und handhabbar zu machen, hat Silvers Team das Verfahren mit tiefen neuronalen Netzwerken kombiniert. Diese wurden auf zweierlei Weise trainiert: Zum einen wurden 30 Millionen Spielverlä­ufe aus dem im Internet verfügbare­n KGS Go-Server eingespeis­t, zum anderen spielte das System wiederholt gegen sich selbst und lernte so, welche Züge eher zum Erfolg führen. »Statt auf mehrere hundert mögliche Züge kann AlphaGo sich so auf wenige aussichtsr­eiche Züge konzentrie­ren«, erklärt Silver.

AlphaGo soll im März in Seoul gegen den weltbesten Spieler, den Koreaner Lee Sedol, antreten. Hajin Lee, Generalsek­retärin der Internatio­nal Go-Federation, sagte: »Ich habe immer noch Zweifel, ob AlphaGo gegen die Top-Spieler der Welt bestehen kann. Aber vielleicht wird das System selbst stärker, wenn es mit einem stärkeren Gegner konfrontie­rt ist.«

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Foto: AFP/Philippe Huguen Auf der Suche nach dem nächsten Zug

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