Lob des Nachfolgers
Russlands erster Präsident Boris Jelzin wäre am 1. Februar 85 Jahre alt geworden. Doch als Ehrung dürfte die jüngste Umfrage des Moskauer Meinungsforschungszentrums WZIOM kaum gedacht sein. Schließlich förderten die Demoskopen zutage, dass immer weniger Russen in dessen »Epoche« positive Momente entdecken. Dabei pries doch besonders der Westen den Sibirier trotz seines verfassungswidrigen Putsches 1993 gegen das gewählte Parlament stets als den starken, wenn auch etwas zu trinkfreudigen Kerl, der dem Volke Freiheit und Demokratie gebracht habe.
Dem einstigen starken Mann kreiden seine Landsleute hingegen bis heute sehr vieles und am übelsten den Krieg gegen Tschetschenien und eine vernichtende Finanzkrise an. Für sie ist er jener Kremlchef, der Russland in eine Zeit der Wirren, der Demütigung und brutalster Marktwirtschaft nach Art des frühen Chicago-Kapitalismus führte. Massenarbeitslosigkeit und die Vernichtung der Ersparnisse der Millionen kleiner Leute wurde begleitet von der Anhäufung gewaltiger Reichtümer durch einzelne Günstlinge dank der Verschleuderung des Sowjet-Eigentums.
Bliebe noch die Frage nach Sinn und Zeck solcher Umfrage. Ganz einfach: Ohne das Wirken Jelzins wäre das große Ansehen seines Nachfolgers Wladimir Putin nicht zu erklären, zu verstehen und zu würdigen.