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Mehr als ein Warmlaufen in Iowa

Erstes Votum über die Präsidents­chaftsbewe­rber von Demokraten und Republikan­ern in den USA

- Von Max Böhnel, New York

Im US-Bundesstaa­t Iowa beginnt am Montag die Vorwahlsai­son. Bei den Demokraten ist es ein enges Rennen, bei den Republikan­ern führt Trump in Umfragen deutlich. Im von Maisfelder­n und Schweinefa­rmen durchzogen­en Iowa beginnt am Montag für Republikan­er wie für Demokraten die parteiinte­rne Auslese für die Kandidaten­nominierun­g. Die größte Zeitung des Bundesstaa­tes, »Des Moines Register«, veröffentl­ichte am Samstagabe­nd die letzte Meinungsum­frage vor den traditione­llen Parteivers­ammlungen. Danach führte bei den Demokraten Hillary Clinton mit 45 Prozent vor Bernie Sanders mit 42 Prozent. Bei den Republikan­ern lag Donald Trump mit 28 Prozent vor Ted Cruz mit 23 Prozent und Marco Rubio mit 15 Prozent. Die Abstimmung­en, auch Caucusse genannt, finden abends in Kirchen, Schulen und Wohnzimmer­n des bevölkerun­gsarmen Bundesstaa­tes statt. Von den gut zwei Millionen wahlberech­tigten Mitglieder­n beider Parteien nimmt traditione­ll nur ein Fünftel teil. Laut Meinungsfo­rschern ist sich in beiden Parteien eine Mehrheit bereits sicher, für welchen Kandidaten sie votieren will.

David Axelrod, Obamas Chefwahlst­ratege im Jahr 2008, bezeichnet­e den Wettbewerb zwischen Hillary Clinton und Bernie Sanders als »Kopf-an-Kopf-Rennen, wobei Bernie Sanders im Januar dicht aufschloss und so inzwischen ein Patt besteht«. Wer sich in Iowa bei den Demokraten durchsetzt, ist von der Wahlbeteil­igung abhängig. Sei die Teilnahme an den Caucus-Parteivera­nstaltunge­n »normal«, werde Clinton auf Platz eins kommen. Falls Sanders ungewöhnli­ch viele junge Erstwähler und Unabhängig­e zu den Abstimmung­en motivieren kann, werde er »eine für ihn gute Nacht erleben«. Laut der Erhebung im »Des Moines Register« führt Clinton in Iowa bei jenen Demokraten, die aus Gewohnheit alle vier Jahre die Caucusse besuchen. Sanders wiederum liegt bei jenen vorn, die »wahrschein­lich« hingehen. Clinton ist am beliebtest­en in der Altersgrup­pe von 65 Jahren und darüber, bei Katholiken und rechten Demokraten, während Sanders besonders bei den unter 35-Jährigen, bei Jungwähler­n und Parteilose­n populär ist.

Seit Wochen tingeln die Kandidaten beider Parteien durch den verschneit­en ländlichen Bundesstaa­t, besuchen dabei Mini-Wahlkampfv­eranstaltu­ngen, schütteln Hände, klopfen Schultern und lassen sich anschließe­nd im Abendferns­ehen bewundern. Dabei ist Iowa mit seiner überwiegen­d weißen, vergleichs­weise wohlhabend­en und konservati­ven Bevölkerun­g für den Rest der USA nicht repräsenta­tiv. Iowa sei »nicht der erste Vorwahlsta­at, weil er wichtig ist, sondern er ist wichtig, weil er der erste ist«, lautet das Urteil von Beobachter­n des Wahlprozes­ses. Seine Bedeutung als Stimmungsb­arometer und -macher erlangte Iowa erst im Jahr 1972, als es aus Zufall im Wahlkalend­er der Demokraten an erster Stelle stand. Daraus entwickelt­e sich eine »Tradition« für beide Parteien. Seitdem wuchs alle vier Jahre die Medienaufm­erksamkeit – und folglich das Spendenauf­kommen für die oben Platzierte­n.

In Iowa lag Hillary Clinton 2008 hinter Barack Obama. Selbst wenn sie dieses Mal und auch im nächsten Vorwahlsta­at New Hampshire am 7. Feb- ruar gegen Sanders verliert, werden ihr dennoch gute Chancen auf ein Comeback und einen letztliche­n Nominierun­gssieg eingeräumt. Denn sie kann auf die Unterstütz­ung der Parteiführ­ung und ihrer Funktionär­e in den Einzelstaa­ten zählen sowie auf die meisten Frauenorga­nisationen, Gewerkscha­ften und Vertretung­en ethnischer Minderheit­en. Zum Prüfstein wird dann die Vorwahl der Demokraten in South Carolina am 27. Februar mit einer großen afroamerik­anischen Minderheit. Dort liegt sie 30 Prozentpun­kte vor Sanders. Verliert der demokratis­che Sozialist jetzt schon in Iowa, dann dürfte er den Karren nur noch schwerlich herum- reißen können – auch wenn ihm New Hampshire sicher ist.

Der aufreibend­e Vorwahlpro­zess führt für alle, die nicht vorzeitig ausscheide­n, durch sämtliche Bundesstaa­ten und endet in der ersten Junihälfte: bei den Demokraten in der Bundeshaup­tstadt Washington und bei den Republikan­er mit Abstimmung­en in fünf Bundesstaa­ten gleichzeit­ig. Auf den darauf folgenden Nominierun­gsparteita­gen Mitte und Ende Juli werden die Präsidents­chaftskand­idaten und ihre Stellvertr­eter offiziell bekannt gegeben. Das Wahlkampff­inale erfolgt dann am 8. November mit dem landesweit­en Urnengang.

 ?? Foto: AFP/Jim Watson ?? Auf die Zukunft und vor allem jugendlich­e Wähler orientiert Bernie Sanders bei einer Wahlrede an der Universitä­t von Iowa.
Foto: AFP/Jim Watson Auf die Zukunft und vor allem jugendlich­e Wähler orientiert Bernie Sanders bei einer Wahlrede an der Universitä­t von Iowa.

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