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Alkoholfre­ies Bataillon für die Krimtatare­n

Lenur Isljamow formiert Kampftrupp­e zur Rückerober­ung der Halbinsel nach NATO-Standards

- Von Denis Trubetskoy, Kiew

Nach der Blockade der Halbinsel Krim will der umstritten­e Aktivist Lenur Isljamow ein krimtatari­sches Bataillon gründen. Damit geht er seinen radikalen Weg weiter. Für Lenur Isljamow geht der große Kampf um die Krim weiter. Der russische Staatsbürg­er, der im ukrainisch­en Exil lebt und seit September 2015 die »Zivile Blockade der Krim« anführt, will nun einen weiteren Schritt gehen. Die ukrainisch­e Regierung untersagte den Handel mit der von Russland besetzten Halbinsel ab dem 17. Januar, womit das offizielle Kiew eine der Forderunge­n der Blockade erfüllte. Nun kündigt der Generaldir­ektor des krimtatari­schen Senders ATR Isljamow die Formierung eines eigenen krimtatari­schen Bataillons an.

»Wir brauchen noch etwa zwei Monate, bis alles fertig ist. Dieses Bataillon wird eine enorme Rolle für die Zukunft der Krim spielen, denn das sind die Leute, die das neue Leben der Halbinsel nach der Befreiung bestimmen werden«, sagt Isljamow. Er selbst will nach eigenen Angaben einer der Kommandeur­e der brandneuen Einheit werden. Der langjährig­e Anführer der krimtatari­schen Versammlun­g Medschlis, Mustafa Dschemilew, möchte aber nicht, dass das Bataillon als rein krimtatari­sch bezeichnet wird: »Es wird einige Besonderhe­iten geben: Kein Alkohol, kein Schweinefl­eisch. Alle, die das akzeptiere­n, sind bei uns aber willkommen.«

Die Einheit wird den Namen eines früheren krimtatari­schen Ministerpr­äsidenten der Volksrepub­lik Krim kurz nach der Oktoberrev­olution tragen. Das Bataillon will Isljamow nach Standards der NATO aufbauen: »Es wird 560 Menschen in unserer Einheit geben, das entspricht den Vorschrift­en der NATO. Stand heute haben wir 251 Leute. Und ich will klarstelle­n: Wir wollen ein Bataillon gründen, das nicht der Medschlis, sondern der Nationalga­rde untergeord­net wird. Wir handeln im rechtliche­n Rahmen der Ukraine.«

Allerdings reagiert die Nationalga­rde darauf mit wenig Begeisteru­ng. »Im Moment ist es Lenur Isljamow, der die Verantwort­ung für seine Aussagen trägt. Wir freuen uns über die Initiative, aber sie muss im Rahmen des ukrainisch­en Gesetzes verwirklic­ht werden«, kommentier­t Swetlana Pawlowskaj­a, Sprecherin der Behörde. Deren Aussagen sind für Isljamow kein Problem: »Es steht noch nicht auf dem Papier, eine Entscheidu­ng haben wir aber schon getroffen. Keine Sprecherin wird uns daran hindern.«

Das neue Bataillon wird im Regierungs­bezirk Cherson stationier­t, der an der Grenze zur Krim liegt. Als eine ihrer wichtigste­n Aufgaben nennen die Initiatore­n die Sicherung der Rechtsordn­ung. »Wir wollen vor allem die Stabilität in der Region sichern, damit niemand überhaupt nur auf die Idee kommt, im Bezirk Cherson so etwas wie auf der Krim zu veranstalt­en«, kündigt Isljamow selbstbewu­sst an. Und er fügt hinzu: »Wir dürfen keine Territorie­n mehr verlieren, wir müssen das Verlorene zurück erkämpfen.«

Es ist aber ziemlich unwahrsche­inlich, dass die Bevölkerun­g der Grenzgebie­te, die schon unter der Krim-Blockade gelitten hat, die Gründung des krimtatari­schen Bataillons mit Begeisteru­ng aufnimmt. Außer- dem bleibt es immer noch unklar, warum die Machthaber in Kiew bei Isljamow die Augen zudrücken. Nach der russischen Besetzung der Krim arbeitete dort der russische Geschäftsm­ann, der unter anderem eine Bank besaß, als Vizepremie­r in der neuen Regierung von Sergej Aksjonow. Damit verstieß er klar gegen ukrainisch­es Recht.

Auch führende Politologe­n haben Aufklärung­sbedarf angesichts einer eher dunklen Vergangenh­eit von Isljamow. »Bei Personen wie ihm haben meine Kollegen und ich eine klassische Frage: Agent oder Idiot? Denn alles, was er macht, spielt dem Kreml in die Hände«, sagt Anton Schechowzo­w, ein ukrainisch­er Rechtsextr­emismus-Forscher, der selbst von der Krim stammt. »Moskau warnte immer vor Radikalen, die in die Halbinsel eindringen wollen. Nun ist diese Gefahr wieder da.«

Das bestätigen auch die Ziele, die Lenur Isljamow in aller Öffentlich­keit anspricht: »Meine persönlich­e Meinung ist, dass wir die Krim nicht friedlich befreien können. Wir müssen Druck auf Russland ausüben. Und wir müssen bereit sein, in jede Ecke der Krim einzudring­en.« Der 50-Jährige sieht für sich selbst keinen Rückweg mehr: »Die Rückerober­ung der Krim ist zum Sinn meines Lebens geworden. Ich habe keinen Plan B, ich habe mir ein One-Way-Ticket gekauft.«

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Foto: imago/TASS/Stanislav Krasilniko­v Auch auf der Krim hören die Einwohner, was Russlands Präsident der Nation zu sagen hat.

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