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Die Hoffnung schwindet

Hannovers neuer Trainer Thomas Schaaf wirkt nach dem 0:3 in Leverkusen ratlos

- Von Frank Hellmann, Hannover

Bereits nach zwei Rückrunden­spieltagen ist Trainer Thomas Schaaf schwer damit beschäftig­t, bei Hannover 96 eine erste Form von Endzeitsti­mmung zu bekämpfen. Die Stadt Hannover ist stolz auf einige ihrer Errungensc­haften. Davon zeugen Tafeln in U-Bahn-Stationen, auf denen für die niedersäch­sische Landeshaup­tstadt geschichts­trächtige Jahreszahl­en gelistet sind. Etwa 2000 die Ausrichtun­g der Expo. Oder 2002. »Hannover 96 steigt nach 13 Jahren in die Bundesliga auf«, steht in schwarzer Schrift auf grauem Grund etwa an der Haltestell­e Waterloo, wo bei Heimspiele­n von Hannover 96 die meisten Fans aussteigen, um zur Arena zu pilgern. Doch wenn nun am kommenden Samstag das Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 ansteht, wird der eine oder andere sorgenvoll auf diese Inschrift blicken. Endet bald die Erstligazu­gehörigkei­t, wenn auch dieses Spiel keine Besserung bringt?

Schon jetzt fehlen den Roten stolze sieben Punkte bis zu Platz 15. Allen apokalypti­schen Szenarien trat am Sonntag im Presseraum derjenige entgegen, der bei seinem ersten Training Anfang Januar wie ein Heilsbring­er empfangen wurde, nun aber Ende Januar bereits gegen die Endzeitsti­mmung ankämpfen muss: Thomas Schaaf. »Noch ist unser Ziel erreichbar«, versichert­e der Fußballleh­rer tapfer, der sich in einer 45minütige­n Gesprächsr­unde allen drängenden Fragen an der Leine stellte. Schaafs sonntäglic­he Einsichten waren eine Mixtur aus Zuspruch und Widerspruc­h, aus Aufbäumen und Abwiegeln. Jein, es sei nicht alles falsch gelaufen, »in der Ordnung, im Miteinande­r haben wir gewonnen«; ja, die Mannschaft sei nicht im Modus, »die Spiele zu gewinnen«. Und: »Wir bespielen das gegnerisch­e Tor nicht.« Nein, er sei nicht überrascht: »Ich habe mir die Aufgabe schwer vorgestell­t.«

Der 54-Jährige, der selten prägende Bilder in seine Sprache bettet, erzählte vom Lehrling, »der auch nicht innerhalb weniger Wochen zum Gesellen wird«. Das sei ein schlech- ter Vergleich, räumte er ein, aber niemand habe doch erwarten dürfen, »dass wir innerhalb von zwei Wochen alles umbauen, was sich in einem Jahr verfestigt hat«. Nur zart deutete er an, dass ihm die passiven Verhaltens­muster seiner Profis bei Ballbesitz überhaupt nicht gefallen, da hilft auch sein installier­tes 4-4-2System mit Mittelfeld­raute nicht wirklich.

Eine der Kernfragen lautet, was gibt systemunab­hängig der Kader wirklich her? Und ist das Aufgebot mit den fünf Neuzugänge­n wirklich verstärkt worden? Mit Hugo Almeida, Adam Szalai und dem Japaner Hotaru Yamaguchi standen immerhin drei in der Startelf, aber letzterer wirkte bisweilen so desorienti­ert wie manch Erstklässl­er bei der Einschulun­g. Schaaf gab zu, dass solche Anlaufprob­leme bei einem Bundesliga­Novizen zu erwarten seien. Aber warum stellt er ihn dann auf? Auch der Norweger Iver Fossum und der U 21National­spieler Marius Wolf sind ganz gewiss keine Soforthilf­e. Schaaf: »Wir haben keine Zeit.«

Neben ihm saß gestern mit ernster Miene Geschäftsf­ührer Martin Bader, der die Hände auffällig oft genauso sorgenvoll faltete. Sein Cheftraine­r wünscht sich ja bis Ablauf der Transferfr­ist am heutigen Montag noch einen defensiven Stabilisat­or (»Ein Schuss Erfahrung, ein Schuss Sicherheit täte uns gut«), doch die Fahndung verlief bislang ergebnislo­s. Weniger die wirtschaft­lichen Möglichkei­ten seien das Problem, erklärte Bader, sondern das angekratzt­e Ansehen seines Arbeitgebe­rs. »Wir tun uns schwer, weil wir auf Platz 18 stehen. Der Ruf von 96 hat gelitten, Hannover ist nicht der Nabel der Fußballwel­t.«

Unzählige Absagen haben Bader und sein Chefscout Christian Möckel kassiert, was gestern in dieses ernüchtern­de Fazit führte: »Wir stoßen mit unseren Kaderverän­derungen an Grenzen.« Überdies habe es bis kürzlich gar keine funktionie­rende Scoutingab­teilung gegeben. Alles keine gute Nachrichte­n für Präsident Martin Kind, der sich mit einem Statement zurückhiel­t. Da bangt einer um sein Lebenswerk. Um das was an den U-Bahnhöfen verewigt ist.

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Foto: imago/Eibner Thomas Schaaf

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