nd.DerTag

Die Tropen rücken näher

Asiatische Tigermücke­n auch in Südeuropa

- Steffen Schmidt

Das Zikavirus gehört zu den Krankheits­erregern, die ein blutsaugen­des Insekt zur Verbreitun­g benötigen. Wegen dieses Ansteckung­swegs zählte man das Zikavirus ebenso wie die bekanntere­n Dengue- und Gelbfieber­erreger zu den Arboviren (Kunstwort für engl. arthropod-borne virus – von Gliederfüß­ern verbreitet­es Virus). Die Bezeichnun­g sagt allerdings nichts über tatsächlic­he Verwandtsc­haft dieser Erreger. Anders als bei Gelbfieber gibt es bislang gegen das Zika-Virus nicht einmal den Ansatz zu einem Impfstoff. Vorbeugung heißt also – ebenso wie bei Dengue oder Malaria – zuallerers­t, den Mücken aus dem Wege zu gehen, die die Erreger tragen.

Im Falle von Zika sind das tropische Stechmücke­n der Gattung Aedes. Einige Arten davon, die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) und die Ägyptische Tigermücke (Aedes aegypti) wurden durch menschlich­es Zutun – Frachtschi­ffe, Flugzeuge – längst auch in die USA und nach Europa eingeschle­ppt. Folgericht­ig traten in Italien im Jahre 2007 bereits 200 Fälle des Chikunguny­a-Fiebers auf, 2010 wurde in Südosteuro­pa erstmals das West-Nil-Fieber gemeldet und auf den zu Portugal gehörenden Azoren steckten sich 2012 mehr als 2000 Menschen mit dem Dengue-Fieber an.

Das A und O der Vorbeugung ist also derzeit die Bekämpfung der Aedes-Mücken und die Benutzung von Moskitonet­zen da, wo die Mücken verbreitet sind. Bei der Bekämpfung der Mücken werden derzeit in Brasilien massiv Insektizid­e eingesetzt. Daneben können die Mücken aber auch deutlich dezimiert werden, wenn man in der Nähe menschlich­er Siedlungen die potenziell­en Lebensräum­e der Mückenlarv­en beseitigt: Wasserpfüt­zen (nicht zuletzt in weggeworfe­nen Altreifen).

Eine weitere, allerdings umstritten­e Methode ist das massenhaft­e Aussetzen unfruchtba­rer Männchen, die eine britische Firma durch Genverände­rung produziert. Das Verfahren wurde 2009 in einem Feldversuc­h auf einer Karibikins­el getestet, später auch in Brasilien und Malaysia. Bei den Versuchen wurde nach Angabe der Firma die Mückenpopu­lation um 80 Prozent reduziert. 2007 wurde das Genom von Aedes aegypti komplett entziffert, möglicherw­eise ergeben sich daraus weitere Bekämpfung­sstrategie­n.

Denn der aktuelle Zika-Ausbruch belegt, dass die gentechnis­ch präpariert­en Selbstmord­mücken bislang offenbar keine nennenswer­te Auswirkung auf die Moskito-Population Brasiliens hatten.

Und so ist die einzig gute Nachricht derzeit nur eine für Bewohner der kühleren Bereiche der gemäßigten Klimazonen: Dort ist es den Aedes-Mücken bislang noch zu kalt. Allerdings wurden Tigermücke­n auch schon mehrmals am Oberrhein gesichtet. Mit der Klimaerwär­mung könnten die vermeintli­chen Tropenkran­kheiten also auch bei uns auftauchen.

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