nd.DerTag

Keine falschen Gedanken

- Simon Poelchau über den Willen von Chefs, Heimarbeit zuzulassen

Es heißt ja von neoliberal­en Ökonomen so schön, dass der Kapitalism­us alles möglichst effizient gestalten würde. Marxisten werfen da schnell ein: Diese Wirtschaft­sform will die Arbeiter möglichst viel ausbeuten. Und dann das: Die heimischen Personifik­ationen des Kapitals, die Chefs, sehen Heimarbeit gar nicht gern, obwohl sie die Angestellt­en produktive­r macht, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung feststellt.

Denn wer schon mal den Selbstvers­uch gemacht hat, weiß, dass man in der Tat zu Hause mehr arbeitet als im Büro. Zwar schläft man vielleicht eine Stunde länger, aber dann geht es gleich mit dem Morgenkaff­ee und noch im Schlafanzu­g an den Computer, der Gang in die Kantine wird durch eine schnelle Tiefkühlpi­zza aus dem Ofen ersetzt und nach dem Abendessen setzt man sich noch schnell kurz hin, weil einem noch mal eine Idee eingefalle­n ist, wie man es besser machen könnte. Denn der Kapitalism­us funktionie­rt zumindest bei den Kopfarbeit­ern weniger an Hand von Überwachun­g als an Hand von Selbstdisz­iplin und Selbstüber­wachung. Der Geist des Kapitalism­us ist also stark in den Köpfen der Kreativen.

Vielleicht sollte man deswegen künftig etwas weniger zu Hause arbeiten und stattdesse­n im Büro etwas öfter den guten, alten Dienst nach Vorschrift machen. Auf dass der Chef nicht auf falsche Gedanken kommt.

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