Goldgräberstimmung am Funkhaus
Neuverhandlung eines Gangsterstücks aus dem Jahr 2005 – da wurde die Nalepastraße verscherbelt
Betrüger darf man Frank T. nennen, das hat der Bundesgerichtshof bestätigt. Nur die Höhe der Strafe ist strittig. Deshalb verhandelt das Landgericht Berlin einen Altfall neu. Es ist auch zehn Jahre später nicht zu fassen, wie fahrlässig, unprofessionell und kriminell eine bedeutende Immobilie mit zweistelligem Millionenwert 2005 verschleudert wurde. Die Erbengemeinschaft, das waren die neuen Bundesländer, die über das DDR-Rundfunkgelände an der Nalepastraße zu verfügen hatten. 135 000 Quadratmeter Fläche an der Spree mit dem denkmalgeschützten Klinkerbau als Zentrum. Federführend beim Verkauf war das »Limsa«, das Liegenschaftsmanagement von Sachsen-Anhalt.
Mit im Boot der Dilettanten das Land Berlin, vertreten durch den damaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD). Das »Limsa« schrieb das Gelände aus, 16 Angebote sollen damals vorgelegen haben. Das Höchste stand bei fünf Millionen Euro. Die Verkäufer schienen an Geld nicht interessiert zu sein, den Zuschlag erhielt eine unscheinbare Firma »Bau und Praktik« in Jessen, Sachsen-Anhalt. Für 350 000 Euro ging die Immobilie über den Tisch. Mit der Verpflichtung, die laufenden Betriebskosten zu übernehmen.
Doch das lag gar nicht in der Absicht der Jessener Goldgräber. Sie wollten billig kaufen und teuer verkaufen. Bereits drei Wochen später wurde das Gelände wieder verscherbelt. Bei 2,8 Millionen Euro soll der Verkaufsgewinn gelegen haben. »Bau und Praktik« verschwand von der Bildfläche, immer neue Schattenunternehmen tauchten auf und ab. Eine Rückabwicklung wurde so fast unmöglich gemacht. Heue befindet sich das Gelände im Besitz eines israelischen Investors. 2010/2011 dann der Prozess gegen drei Immobilienspekulanten wegen nichtgezahlter Nebenkosten von 300 000 Euro. Der Hauptangeklagte war Frank T., Kaufmann aus Jessen mit Zweitwohnsitz am Kudamm. Das Landgericht verurteilte ihn 2011 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Dagegen wehrte sich der gelernte Fliesenleger. Der BGH bestätigte in der Sache das Urteil, bemängelte jedoch die Höhe der Strafe. Nun sucht eine andere Kammer nach einem neuen Urteil. Eine Bewährungsstrafe ist im Gespräch. Für die Verteidiger waren die letzten zehn Jahre eine Zeit schwerer Belastungen für ihren Mandanten. Deshalb bringen sie die Bewährungsstrafe ins Gespräch. Auch die Staatsanwaltschaft könnte sich mit einem Strafmaß bis zu zwei Jahren anfreunden, wenn der eingetretene Schaden getilgt ist und zusätzlich eine Geldbuße von 50 000 Euro an das Land gezahlt wird. Darum wird in den nächsten Wochen gefeilscht werden. In einem Zivilverfahren hat T. bereits 65 000 Euro hingeblättert. Das neue Urteil beim Landgericht Berlin könnte Ende Februar gesprochen werden.
Der eigentliche Schaden beim Verkauf des Nalepageländes wird ungesühnt bleiben. Von den damals politisch Verantwortlichen, die fahrlässig ein Millionenvermögen verschleudert haben, ist niemand zur Rechenschaft gezogen worden. Von der Zerschlagung des DDR-Rundfunks und der Entlassung von rund 15 000 Mitarbeitern gar nicht zu reden.