Pädagogen im Schafspelz
Damals war es ein Fehler zu viel. Im März 2000 flog der Berliner Verfassungsschutz bei dem Versuch auf, die damalige PDS auszuspionieren. Der ehemalige Innensenator Eckart Werthebach (CDU) kündigte nach einer Liste von Skandalen eine Umstrukturierung an. Der Chef musste gehen, die freigewordene Stelle konnte aber nur schwer besetzt werden: Der Ruf des Berliner Amtes sei so schlecht, dass niemand von außerhalb seinen Posten dafür hergeben wollte, hieß es in den Medien. Viele Reformen wurden seitdem versprochen und doch gab es nach der Selbstenttarnung des NSU den nächsten Schock: Akten wurden geschreddert. Bundesweit ist bis heute die Verflechtung der Geheimdienste in das Terrornetzwerk nicht endgültig aufgeklärt.
In Schulen sollen Heranwachsende demokratische Prinzipien lernen und sich kritisch mit der Gesellschaft beschäftigen. Der Verfassungsschutz überwacht die Menschen. Beim Beispiel NSU drängte sich der Eindruck auf, dass nicht in letzter Konsequenz Akten wiederhergestellt wurden. Und ausgerechnet dieses Amt, das weder eine pädagogische Qualifikation für Jugendliche besitzt noch einen Bildungsauftrag hat, soll an Schulen die Jugend prägen? Außerdem gibt es keine Möglichkeit, seine Betätigung dort zu kontrollieren. Als Institution ist der Verfassungsschutz – genau wie die Bundeswehr – umstritten. Auch wenn er versucht, sich als »neutraler Experte« zu inszenieren, fordern einige längst seine Abschaffung. Dass Schulen Expertise zum Thema Islamismus nachfragen, ist nachvollziehbar. Doch kann keiner sagen, wie tief der Verfassungsschutz selbst in die salafistische Szene und ihre Aktivitäten verstrickt ist.