nd.DerTag

An der Grenze des Scheiterns

Die Angst vor den Schlagbäum­en geht um in Europa – vor allem in der Wirtschaft

- Spo

Berlin. Wie lange weht die Fahne der EU noch über dem Europadenk­mal in Schengen? In dem luxemburgi­schen Örtchen im Dreiländer­eck des Großherzog­tums mit Frankreich und Deutschlan­d unterzeich­neten die drei Staaten zusammen mit Belgien und den Niederland­en am 15. Juni 1985 das sogenannte Schengener Abkommen. In ihm verpflicht­eten sie sich zur Abschaffun­g von Personenko­ntrollen an den Landesgren­zen. Seit Mai 1999 ist der Vertrag in das EU-Recht integriert, und die Menschen konnten seither in der Gemeinscha­ft frei reisen und der Warenverke­hr frei fließen.

Doch seitdem immer mehr Länder aus Angst vor der steigenden Anzahl von Flüchtling­en ihre Grenzen wieder kontrollie­ren und Forderunge­n laut werden, Griechenla­nd aus dem Schengen-Raum auszuschli­eßen, droht die dauerhafte Rückkehr des Schlagbaum­s in Europa. So würden die Grenzen nur weiterhin offen bleiben, wenn die EU-Flüchtling­spolitik reformiert wird, meinen Experten. »Die Grenzkontr­ollen wurden zwar abgeschaff­t, ein gemeinsame­s europäisch­es Asylsystem wurde aber allerhöchs­tens dem Namen nach geschaffen«, sagt etwa Nicolai von Ondarza von der Stiftung Wissenscha­ft und Politik.

Dies ruft auch die Wirtschaft auf den Plan. Ohne offene Grenzen kann »die Exportnati­on ihren Wohlstand nicht mehr erwirtscha­ften und die Sozialsyst­eme nicht mehr finanziere­n – und zwar auf Jahrzehnte!«, warnt etwa der Präsident des Außenhande­lsverbande­s BGA, Anton Börner. Dabei ist die von der Wirtschaft angestoßen­e Art der Grenzdisku­ssion »sehr borniert«, wie der linke Ökonom Rudolf Hickel findet. Wer offene Grenzen wolle, müsse sich auch fragen lassen, was er denn selbst für die Integratio­n der Flüchtling­e tue. »Dazu hört man wenig und dann vor allem, wie können wir billige Arbeitskrä­fte rausziehen.«

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Foto: dpa/Oliver Dietze

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