nd.DerTag

Der Iowa-Mythos

- Olaf Standke über den Beginn der Vorwahlen in den USA

Vorrangig weiß, konservati­v, christlich und landwirtsc­haftlich geprägt, ist Iowa nicht unbedingt repräsenta­tiv für die USA. Und doch wird den Vorwahlerg­ebnissen in dem kleinen Bundesstaa­t geradezu politmysti­sche Bedeutung zugemessen. Und tatsächlic­h gilt die Regel: Wer beim Auftakt der parteiinte­rnen Ausscheidu­ngsrennen um die Präsidents­chaftskand­idatur nicht unter den ersten drei landet, schafft es auch nicht ins Weiße Haus.

Für Bernie Sanders und Donald Trump, gleichsam Antipoden im Bewerberfe­ld, ist also noch nichts verloren. Nur dürfte sich die denkbar knappe Niederlage gegen Hillary Clinton für den demokratis­chen Sozialiste­n fast schon als Sieg anfühlen, der gerade vielen jungen Wählern Hoffnung macht. Für sie ist der 74-jährige Sanders der einzig wählbare Kandidat, weil er die Vereinigte­n Staaten gerechter und sozialer machen will. Hasspredig­er Trump dagegen stürzte nach einem schrill-populistis­chen Eventwahlk­ampf regelrecht vom demoskopis­chen Thron.

Allerdings ist auch der republikan­ische Sieger, Tea-Party-Star Ted Cruz, ein knallharte­r Rechtsausl­eger, strikt gegen Abtreibung, strengere Waffengese­tze, Einwanderu­ngs- oder Gesundheit­sreformen. Bleibt der Trost, dass ein solcher Auftakterf­olg nicht zwangsläuf­ig den Schlüssel für das Weiße Haus bedeutet. Wer kennt heute noch Mike Huckabee oder Rick Santorum, die 2008 bzw. 2012 die meisten Stimmen bei den Republikan­ern bekamen. Der Wahlmythos Iowa ist letztlich nicht mehr als ein Stimmungsb­arometer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany