Ungarischer Notstand
Es verdiente eine gründliche Analyse, was unter Hinweis auf Terrorismusgefahr alles schon brachial durchgesetzt wurde, doch ohnehin kommen sollte – vielleicht nur etwas später, in geringerem Ausmaß und politisch mühseliger. Das Notstandsrecht, das sich die ungarische rechtskonservative Regierung Viktor Orbans nun offenbar in die Verfassung schreiben will, dürfte dazu gehören. Was wäre verlockender für manche Herrscher dieses Zuschnitts als die Ausschaltung des Parlaments, der Medien und des Widerstandes des eigenen Volkes. Die Mittel dazu sollen die Aufhebung von Presse- und Versammlungsfreiheit sowie ein Streikverbot und die Ausgangssperre sein. Grenzschließungen und die Abschaltung von Telefon und Internet passten in ein klassisches Schema für Staatsstreiche.
Danach sieht es sogar aus. Schließlich will die Exekutive die Legislative, also der Premier die ganze Macht und wenigstens 60 Tage das Parlament ausschalten. Der Wunsch solcher Umverteilung der Gewalten zu eigenem Nutz und Frommen ist so selten nicht. Denn gerade demokratische Meinungsbildung und Mitsprache sieht nicht nur dieser starke Mann als unnützen Aufwand, weil er sich in seiner Herrlichkeit selbst genügt. Doch noch fehlen Stimmen an der Zweidrittelmehrheit. Das mag für Orban ein persönlicher Notstand sein, ein ungarischer ist es nicht.