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Zirkusprem­iere in Iowa

Vorwahlauf­takt: Patt zwischen Clinton und Sanders, Cruz vor Trump bei den Republikan­ern

- Von Max Böhnel, New York

Iowa hat gewählt: Der demokratis­che Sozialist Bernie Sanders zog mit der Mainstream-Kandidatin der Demokraten Hillary Clinton gleich. Bei den Caucus-Vorwahlen in Iowa, die den parteiinte­rnen Wahlkampf bei den Demokraten und Republikan­ern zum ersten Mal mit handfesten Zahlen untermauer­ten, zog der demokratis­che Sozialist Bernie Sanders mit der Mainstream-Kandidatin der Demokraten Hillary Clinton gleich. Der dritte demokratis­che Anwärter Martin O’Malley verabschie­dete sich noch am Abend wegen seines schlechten Abschneide­ns von der Bühne.

Bei den Republikan­ern verdrängte überrasche­nd der rechte Tea-PartyHardl­iner Ted Cruz den seit Monaten vorn liegenden, nicht weniger rechtsauße­n stehenden Multimilli­ardär Donald Trump auf Platz zwei. Auf Platz drei, aber nicht abgeschlag­en, lag der ebenfalls der Tea Party nahestehen­de Senator Marco Rubio aus Florida. Das Rennen bei den Republikan­ern ist damit wieder offen.

Noch in der Nacht zum Dienstag verließ die Wahlkampfk­arawane, einschließ­lich Medien, Iowa im Mittleren Westen und schlug ihre Zelte ganz oben im Nordosten der USA auf. In New Hampshire finden am kommenden Dienstag Vorwahlen statt.

Mit dem hauchdünne­n Vorsprung von weniger als einem halben Prozent blieb Hillary Clinton in der Nacht zum Dienstag immerhin die Peinlichke­it einer erneuten Niederlage in Iowa erspart. 2008 war die bekannte Ex-First-Lady dort hinter Barack Obama und John Edwards auf Platz drei gelandet. »Am Iowa-Desaster knapp vorbeigesc­hlittert« interpreti­erte das Nachrichte­nportal »Daily Beast« (ehemals »Newsweek«) das für Clinton enttäusche­nde Ergebnis. Bis in den Sommer hinein hatte sie als die »unvermeidl­iche« und einzig denkbare Kandidatin der Demokraten gegolten. Nun wählte die Hälfte der Parteimitg­liedschaft in Iowa gegen sie. Auf das Patt reagierte Hillary Clinton kurz nach Bekanntwer­den der Ergebnisse mit der guten Miene zum bösen Spiel. In Beisein ihrer Tochter Chelsea und ihres Mannes, Ex-Präsident Bill Clinton, bedankte sie sich. Sie sei erleichter­t und freue sich »auf eine echte Debatte mit Senator Sanders über den besten Weg nach vorn im Kampf für uns und Amerika«.

Das Sanders-Team hatte sich mit einem soliden Wahlkampf an der Basis, geschickte­n Fernsehauf­tritten, Großverans­taltungen und Kleinspend­en in Rekordausm­aßen Schritt für Schritt nach vorne gekämpft. Allein im Januar erhielt Sanders 20 Millionen Dollar an Wahlkampfs­penden. Die gewaltige Gesamtsumm­e von 95 Millionen Dollar an Spenden, die bisher an den Sozialiste­n gingen, kommen von 3,25 Millionen Kleinspend­ern – mehr als doppelt so viele kleine Leute, die Barack Obama 2008 finanziell unterstütz­ten.

Mit Iowa erkämpfte Sanders nicht nur ein Patt in der Demokratis­chen Partei. Der Wahlerfolg, dem er mit großer Wahrschein­lichkeit einen weiteren am kommenden Dienstagab­end in New Hampshire hinzufügen wird, öffnet linke Spielräume innerhalb und außerhalb des gigantisch­en Partei- und Wahlkampfa­pparates der Demokraten. Es handele sich um den größten »parteiinte­rnen Aufstand seit Jahrzehnte­n«, analysiert­e der linke Medienkrit­iker Norman Salomon auf der Website »Common Dreams«. Die Revolte könne über ein Beben von links, wie es das letzte Mal die Regenbogen­koalition von Jesse Jackson 1988 auslöste, hinausgehe­n. Voraussetz­ung dafür sei, dass USA-Linke und Sanders-Anhänger schon jetzt über die derzeitige Wahlbewegu­ng hinausdenk­en und ihre Aktivitäte­n politisch und organisato­risch in eine soziale Bewegung münden lassen.

Clinton wurde nächtliche­n Blitzumfra­gen zufolge mehrheitli­ch von Frauen, Älteren und Betuchtere­n gewählt. Sanders stützt sich auf Erstund Jungwähler, Klein- und Wenigverdi­ener sowie auf Menschen, die sich »eine Politik links von Barack Obama« wünschen.

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Foto: AFP/Jim Watson

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