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Im Netz der Menschenhä­ndler

Weil es in den Meeren vor Thailand immer weniger Fische gibt, versuchen Unternehme­n ihre Profite durch Zwangsarbe­it zu sichern

- Von Mathias Peer, Bangkok

Thailands Fischereii­ndustrie hat mit Zwangsarbe­it jahrelang gute Geschäfte gemacht. Internatio­naler Druck sorgt nun für ein Durchgreif­en der Behörden. Aktivisten bezweifeln jedoch, dass das reicht. Männer wie Min Min Thein zahlen für billigen Fisch aus Thailand einen hohen Preis. Eine Schleuserb­ande hatte ihm einen guten Arbeitspla­tz in Thailands Baubranche versproche­n. Stattdesse­n wurde der Mann aus Myanmar von den Menschenhä­ndlern auf ein Fischerboo­t verkauft. 20 Stunden musste er jeden Tag arbeiten. Wer zu fliehen versuchte, wurde von Wächtern verprügelt. »Auf einen Mann wurde so lange eingeschla­gen, bis sein Bein gebrochen war«, erzählte Min Min Thein nach dem Ende seiner 15 Monate langen Tortur. »Wir haben uns nicht getraut abzuhauen.«

Seine Erlebnisse, die Aktivisten der Organisati­on Greenpeace in einem Bericht über die desaströse­n Arbeitsbed­ingungen in Thailands Fischereii­ndustrie unter einem Pseudonym wiedergebe­n, sind beispielha­ft für die Probleme der Branche: Weil es in den Meeren vor Thailand immer weniger Fische gibt, versuchen Unternehme­n auf dem Rücken der Arbeiter, ihre Profite zu erhalten.

Zahlreiche Fälle von Zwangsarbe­it machten in Thailand, dem weltweit drittgrößt­en Exporteur von Fisch und Meeresfrüc­hten, in den vergangene­n Monaten Schlagzeil­en. In der Hafenstadt Samut Sakhon deckten Reporter vergangene­n Dezember auf, dass Garnelen, die in die Lieferkett­en globaler Fischkonze­rne gelangten, von Zwangsarbe­itern geschält wurden. Im Frühjahr waren zuvor Hunderte Zwangsarbe­iter von einer in- donesische­n Insel gerettet worden, die Fisch für thailändis­che Unternehme­n fangen mussten.

Die thailändis­chen Behörden stehen unter internatio­nalem Druck, die illegalen Machenscha­ften zu beenden. Aufgrund der Skandale in der Fischereii­ndustrie setzten die USA Thailand auf ihre Liste der größten Problemlän­der in Sachen Menschenha­ndel. Die EU erteilte dem südostasia­tischen Land im vergangene­n Jahr eine sogenannte Gelbe Karte. Die unmissvers­tändliche Bot- schaft: Sollte es den Thailänder­n nicht gelingen, die illegale Fischerei und menschenun­würdige Arbeitsbed­ingungen in der Branche zu beenden, droht ein Importverb­ot sämtlicher Meeresprod­ukte.

Nach einer Inspektion vor wenigen Wochen wollen die EU-Beamten in Kürze mitteilen, ob das Land genug getan hat, um die Probleme zu lösen. Die Behörden versuchen unterdesse­n zu signalisie­ren, dass sie künftig gegen die kriminelle­n Netzwerke hart durchgreif­en werden. Am Montag teilten Strafverfo­lger mit, dass seit Beginn ihrer Offensive vor acht Monaten mehr als 100 Personen wegen Rechtsvers­tößen in der Fischereii­ndustrie festgenomm­en wurden. Zudem hätten die Behörden 130 Opfer von Menschenha­ndel und Zwangsarbe­it befreit.

Die thailändis­chen Behörden sehen sich auf einem guten Weg: »Die Fälle zeigen, dass Thailand einen starken politische­n Willen hat, das Problem des Menschenha­ndels zu lösen«, sagte Polizeispr­echer Krisana Pattanacha­roen. Die Hilfsorgan­isation Environmen­tal Justice Foundation hat jedoch Zweifel daran, ob wirklich auch die Hintermänn­er verfolgt werden. Die Organisati­on teilte mit, dass man mögliche Fortschrit­te daran erkennen werde, ob künftig auch diese Personen vor Gericht zur Verantwort­ung gezogen werden.

Die thailändis­chen Behörden stehen unter internatio­nalem Druck, die illegalen Machenscha­ften zu beenden.

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Foto: AFP/Christophe Archambaul­t Ein Kind sortiert Fische vom Trawler am Hafen von Pattani.

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