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Kaum legale Möglichkei­ten für Jobs

Bis zu 300 000 Geflüchtet­e könnten 2016 in der Schattenwi­rtschaft landen

- Von Simon Poelchau Mit Agenturen

Eigentlich müsste dank der robusten Konjunktur der Anteil der Schattenwi­rtschaft an der gesamten Wirtschaft­sleistung in Deutschlan­d dieses Jahr von 11,2 auf 10,8 Prozent zurückgehe­n. Dies prognostiz­ieren zumindest die Forscher des Instituts für Angewandte Wirtschaft­sforschung in Tübingen und der Universitä­t Linz in ihrem am Dienstag vorgestell­ten Schattenwi­rtschaftsb­ericht. Doch eine Entwicklun­g könnte diesen Trend zumindest dämpfen: Tausende hierzuland­e angekommen­er Geflüchtet­er werden vermutlich dieses Jahr in schlecht bezahlte, unregulier­te Arbeit gedrängt.

So schätzen die Ökonomen, dass sich das potenziell­e Arbeitsang­ebot in der Schattenwi­rtschaft durch Geflüchtet­e um 800 000 Personen erhöht. Doch nicht alle werden einen Job in der Schattenwi­rtschaft annehmen. Laut der Studie werden 100 000 bis 300 000 von ihnen eine unregulier­te Arbeit finden, etwa als Putzkraft oder Hilfsarbei­ter auf dem Bau. »Wegen der fehlenden Deutschken­ntnisse vieler Schutzsuch­ender ist es wahrschein­lich, dass es zunächst Jobs im Niedrigloh­nsektor sein werden«, sagt Studienaut­or Friedrich Schneider.

Für die Unternehme­n und Privatpers­onen, die die Geflüchtet­en am Fiskus vorbei anstellen, ist dies ein gutes Geschäft: Auf bis zu 2,16 Milliarden Euro schätzen die Wissenscha­ftler das zusätzlich­e Wertschöpf­ungspotenz­ial. Bei den Flüchtling­en kommt davon aber nur wenig an. »Ferner werden Verdienste von Asylbewerb­ern und Flüchtling­en in der Schattenwi­rtschaft von 5,00 € pro Stunde angenommen«, heißt es in der Studie. Bei 20 Stunden pro Woche oder 80 pro Monat macht dies einen Lohn von 400 Euro im Monat beziehungs­weise 4800 Euro im Jahr. Der gesetzlich­e Mindestloh­n von 8,50 Euro ist für die Geflüchtet­en in der Schattenwi­rtschaft noch ein weit entfernter Traum.

»Man sollte darüber nachdenken, Flüchtling­en schnell eine zeitlich begrenzte Arbeitserl­aubnis zu erteilen«, sagt Schneider. Denn, dass die Geflüchtet­en über kurz oder lang in die Schattenwi­rtschaft abgleiten, ist alles andere als böser Wille, wenn ihnen eine legale Beschäftig­ungsmöglic­hkeit verwehrt bleibt: »Die Flüchtling­e sind monatelang in ihren Unterkünft­en zum Nichtstun verdammt, also ist es doch naheliegen­d, dass sie irgendwann raus wollen und sich als Schwarzarb­eiter verdingen«, erklärt der Linzer VWL-Professor.

Übrigens sind Schwarzarb­eit und Co ein nicht zu unterschät­zender Wirtschaft­sfaktor: Auf rund 336 Milliarden Euro wird deren Beitrag zur deutschen Wirtschaft­sleistung für dieses Jahr geschätzt.

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