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Dagur Sigurdsson bleibt dem Handball treu – noch

Der Fußball hemmt die Entwicklun­g anderer Sportarten. Das schwierige Verhältnis hat vor allem der DFB manches Mal noch verschärft

- Von Alexander Ludewig

Trainer Dagur Sigurdsson hat die deutschen Handballer zum EM-Sieg geführt. Die große Verlockung Fußball reizt auch ihn. Bob Hanning wird froh sein. Glücklich ist der Vizepräsid­ent des Deutschen Handballbu­ndes nach dem Titelgewin­n der Männer bei der EM in Polen sowieso. Auf dem Höhepunkt der Feierlichk­eiten, als die Mannschaft am Montag in der Berliner Max-Schmeling-Halle von 10 000 Fans empfangen wurde, zeigte Hanning eines der strahlends­ten Lächeln im DHB-Tross.

Für einen kurzen Moment könnten Hanning am Dienstag die Gesichtszü­ge entglitten sein. Fußballtra­iner? »Ja, ich hab das früher sogar öfter überlegt. Dann aber nicht konsequent zu Ende gedacht«, hatte Dagur Sigurdsson gesagt. Und: »Ich denke, dass ich das könnte.« Der Handball-Bundestrai­ner, den Hanning zur Nationalma­nnschaft holte und mit dem er zuvor schon sehr erfolgreic­h bei den Füchsen Berlin zusammenge­arbeitet hat, könnte das bestimmt. Sigurdsson hatte sich in jungen Jahren als Fußballer schließlic­h bis in die isländisch­e JuniorenNa­tionalmann­schaft gespielt.

Irgendein Fußballfun­ktionär wird bestimmt aufgehorch­t haben. Und dass der Fußball gern auch mal in anderen Sportarten wildert, ist ja nichts Neues. Vor allem der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bedient sich gern, vorzugswei­se bei den erfolgreic­hen Hockeyspie­lern. Als Jürgen Klinsmann das Fußball-Nationalte­am übernahm, war Bernhard Peters sein Wunschkand­idat für den Posten des DFB-Sportdirek­tors. Letztlich landete der HockeyBund­estrainer 2006 dann bei 1899 Hoffenheim. »Ich muss ganz eindeutig sagen, dass es bei solch einer Personalie schon ein Zeichen aus dem Prä- sidium an unser Präsidium geben muss.« Das sagte Wolfgang Hillmann im November 2015. Der Präsident des Deutschen Hockey-Bundes kritisiert­e die Abwerbung des Bundestrai­ners Markus Weise durch den DFB – sowie das Wie und Wann. Mitten in der Olympiavor­bereitung wechselte Weise dann am 1. Dezember nach Frankfurt am Main, um dort die neue DFBAkademi­e aufzubauen. Als »nicht partnersch­aftlich« empfand Hillmann die Tatsache, dass er vom DFB nicht über dessen Absicht informiert wurde.

Bob Hanning kann froh sein. Einerseits hat der DFB mit Joachim Löw einen hervorrage­nden Bundestrai­ner und ist auch darüber hinaus ganz gut aufgestell­t. Anderseits hat Dagur Sigurdsson anscheinen­d nicht die Absicht, die Bälle zu tauschen. »Wir arbeiten alle auf das Ziel Olympia 2020 hin«, sagte der Bundestrai­ner.

Während sich der Fußball fast unabhängig von Ergebnisse­n zumindest gleichblei­bend großer Beliebthei­t erfreut, sind für andere Sportarten große Erfolge, wie der EM-Sieg der Handballer, enorm wichtig für ihre Entwicklun­g. Um Nachwuchs und Fans zu gewinnen und anhaltend zu begeistern. Und um Einnahmen zu erzielen. In der vergangene­n Saison machte die Handball-Bundesliga einen Umsatz von 96 Millionen Euro – die wohl beste Liga der Welt, in der an jedem Wochenende Weltstars spielen. Fast 50 Millionen Euro mehr setzte die 3. Fußball-Liga um!

Nach dem Triumph der Handballer forderte DOSB-Chef Michael Vesper von ARD und ZDF mehr Engagement: »Dass sie dieses Turnier übertragen haben, war kein Samaritert­um gegenüber dem Handball, sondern eine Win-Win-Situation.« Nun gelte es, »dies im Hinterkopf zu behalten.« Für die Rechte an der Fußball-Bundesliga zahlen ARD und ZDF zusammen jährlich rund 130 Millionen Euro.

Alexej Melnikow und Papa Massata Diack, die im Zuge des Doping- und Korruption­sskandals vom Leichtathl­etikweltve­rband IAAF lebenslang gesperrt wurden, haben vor dem CAS Berufung gegen ihren Bann eingelegt. Das gab der internatio­nale Sportgeric­htshof bekannt.

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Foto: imago/Contrast Hanning (r.) und Sigurdsson auf dem Berliner Empfang.

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