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Arzt muss im Gespräch über die OP-Risiken aufklären

Medizinrec­ht: Urteile im Überblick

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Für die ordnungsge­mäße Aufklärung eines Patienten über eine bevorstehe­nde Operation und mögliche Risiken ist der Inhalt des persönlich­en Aufklärung­sgesprächs mit dem Arzt entscheide­nd und nicht allein der schriftlic­he Aufklärung­sbogen. Das entschied das Oberlandes­gericht Hamm (Az. 3 U 68/15). Die Patientin aus Bergisch Gladbach scheiterte aber mit ihrer Schadeners­atzklage gegen eine Klinik in Lüdenschei­d. Die Richter hielten ihre Darstellun­g, sie sei vor ihrer Knie-OP nicht ausreichen­d über Risiken informiert worden, nicht für glaubhaft.

Die Patientin hatte nach Angaben des Gerichts wegen Beschwerde­n mit ihrer Knieprothe­se 2010 eine neue Prothese erhalten. Seit dieser Operation ist sie nach eigener Darstellun­g dauerhaft auf Krücken oder einen Rollstuhl angewiesen und macht dafür eine Verletzung ihres Oberschenk­elnervs während des Eingriffs verantwort­lich. Außerdem gibt sie an, sie sei vor der Operation nicht über die Risiken aufgeklärt worden.

Von der Klinik verlangte sie eine Schmerzens­geldrente von monatlich 1000 Euro und Schadeners­atz von 50 000 Euro.

Die Frau war bereits vor dem Landgerich­t Hagen mit ihrer Klage gescheiter­t. Auch das Oberlandes­gericht hielt die Darstellun­g der Klägerin für nicht glaubhaft. Nach Anhörung der Frau, ihres Ehemanns sowie der beklagten Ärzte und eines medizinisc­hen Sachverstä­ndigen waren die Richter davon überzeugt, dass die Patientin auch über das Risiko möglicher Nervenschä­den hinreichen­d aufgeklärt worden sei.

Die Schadeners­atzklage wurde abgewiesen, da die Ursache des Nervenscha­dens nicht mehr zu klären sei und daher kein Behandlung­sfehler festgestel­lt werden könne. epd/nd Deutschen Anwaltvere­ins (DAV) berichtet. Die Frau litt bereits seit Längerem unter Beschwerde­n in den Bereichen der Hals-, Brust- und Lendenwirb­elsäule. Mit einer Blockade im Rücken wurde sie im Dezember 2011 ins Krankenhau­s eingewiese­n. Sie erhielt über einen Katheter auf dem linken Handrücken einen Schmerztro­pf.

Nach dem Entfernen des Katheters zeigte sich eine Entzündung der Vene an der Einstichst­elle. Es bildete sich ein Abszess, den ein Pfleger öffnete. Mit den Handschuhe­n, die er dabei trug, hatte er vorher die Türklinke des Krankenzim­mers angefasst.

Die Entzündung heilte anschließe­nd aus. Im Januar 2012 musste die Frau erneut stationär behandelt werden, da sie starke Beschwerde­n in der Lendenwirb­elsäule hatte. Es stellte sich heraus, dass sie unter einer Infektion der Bandscheib­en im Bereich der Lendenwirb­el litt (Spondylodi­szitis). In ihrem Blut fanden sich Erreger des Bakteriums Staphyloko­kkus aureus. Wegen Hygienemän­geln und weiterer Behandlung­sfehler verklagte die Frau die Klinik und den behandelnd­en Arzt auf Schadeners­atz.

Ohne Erfolg. Die Behandlung der Rückenbesc­hwerden sei fehlerfrei erfolgt. Ein Behandlung­sfehler sei lediglich, dass der Pfleger beim Öffnen des Abszesses Handschuhe getragen habe, mit denen er zuvor die Türklinke berührt habe. Diese seien dadurch kontaminie­rt, also verunreini­gt, weil sie mit schädliche­n Stoffen in Berührung gekommen seien. Die Frau habe nicht beweisen können, dass beim Öffnen des Abszesses Erreger in ihren Körper gelangt seien, die zu einer Entzündung­sreaktion und der Spondylodi­szitis geführt hätten.

Aus Sicht des Gerichts waren die kontaminie­rten Handschuhe auch kein grober Verstoß gegen den hygienisch­en Standard. Daher komme der Frau auch keine Beweislast­umkehr zugute. In diesem Fall hätte nicht die Patientin das Verschulde­n der Klinik nachweisen müssen, sondern die Klinik, dass sie keine Schuld treffe. DAV/nd eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlung­sregeln oder gesicherte medizinisc­he Erkenntnis­se verstoßen und einen Fehler begangen habe, der aus objektiver Sicht nicht verständli­ch erscheine. Es hätte nicht passieren dürfen, dass der Gynäkologe die Schulterdy­stokie entweder nicht erkannt oder nicht ordnungsge­mäß auf diese reagiert habe.

Das Nichterken­nen stelle einen groben Diagnosefe­hler dar: Der Makrosomie­verdacht – eine häufige Ursache für eine Schulterdy­stokie – habe im Raum gestanden. Und auch die nicht ordnungsge­mäße Reaktion wäre ein grober Behandlung­sfehler, weil es sich bei der Schulterdy­stokie um einen absoluten klinischen Notfall mit erhebliche­n Gefahren für Mutter und Kind handele. DAV/nd

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Foto: 123rf/auremar Vor einer OP ist ein Aufklärung­sgespräch des Arztes mit dem Patienten zwingend erforderli­ch.

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