Schutzschild ohne Sicherheit
EU und USA einigen sich auf neue Regeln für den Datenaustausch – und ernten Kritik
Die Ablösung des gescheiterten Safe-Harbor-Abkommens zum transatlantischen Datenaustausch durch neue Bestimmungen stößt bei Datenschutzaktivisten und Wirtschaftsvertretern auf Ablehnung. Berlin. Die EU und die USA haben sich nach zähen Verhandlungen auf neue Regeln für den Datenaustausch geeinigt. »Dieser neue Rahmen für die transatlantischen Datenflüsse schützt die Grundrechte der Europäer«, erklärte EU-Justizkommissarin Vera Jourova in Straßburg. Der GrünenEuropaabgeordnete Jan Philipp Albrecht nannte die Vereinbarung mit dem sperrigen Namen »EU-US-Privacy Shield« hingegen einen »Ausverkauf des EU-Grundrechts auf Datenschutz«. Die Einigung ist auch bei Datenschutzaktivisten und Wirtschaftsvertretern weitgehend auf Kritik und Vorbehalte gestoßen. Wirklich konkret sei der vereinbarte »EU-US-Datenschutzschild« nicht, bemängelte das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. »Tausende Unternehmen in Europa haben damit immer noch keine Planungssicherheit.«
US-Handelsministerin Penny Pritzker sprach dagegen von einer »historischen Vereinbarung« und einem »großen Erfolg für den Datenschutz und für die Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks«. Die Vereinbarung biete einen sicheren Rahmen, so dass Tausende von Unternehmen in Europa und den USA und Millionen von Menschen weiterhin online auf Dienstleistungen zugreifen könnten.
Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff mahnte eine genaue Prüfung der neuen Regeln an. Es müsse sichergestellt werden, »dass der neue EU-US-Datenschutzschild auch wirklich seinen Namen verdient und nicht an den entscheidenden Stellen löchrig ist«, erklärte Voßhoff in Berlin. Ob und vor allem wie schnell die Ankündigungen auch umgesetzt werden, bleibe abzuwarten.
Voßhoffs Amtsvorgänger Peter Schaar bezweifelt, dass die Vereinbarung den Forderungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) entspricht. Der hatte im Oktober die zuvor geltende »Safe-Harbor«-Vereinbarung gekippt. In den USA seien Informationen kaum vor dem Zugriff von Behörden und Geheimdiensten geschützt, urteilten die Richter. »Eine anlasslose Überwachung der grenzüberschreitenden Kommunikation und einen Zugriff auf personenbezogene Daten von Nicht-US-Bürgern darf es nicht geben«, betonte Schaar.
Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz wertete die Vereinbarung als »Mogelpackung«. »Das Ziel, den Grundrechtsschutz effektiv zu erhöhen, wird phänomenal verfehlt.« Offenbar sei es der EU-Kommission nur darum gegangen, noch vor der Positionierung der Datenschutzbehörden der EU-Mitgliedstaaten einen eigenen Vorschlag zu präsentieren.