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Dreieinigk­eit gegen Haseloff

DGB-Kandidaten­runde in Sachsen-Anhalt zeigt rot-rot-grüne Nähe / Mehrheit fehlt

- Von Hendrik Lasch, Magdeburg

Eine Kandidaten­runde des DGB in Sachsen-Anhalt zeigte, dass LINKE, SPD und Grüne miteinande­r könnten – wenn es für ein Bündnis reicht. Kurze, klare Sätze sind Reiner Haseloffs Sache oft nicht. Als der CDU-Regierungs­chef von Sachsen-Anhalt bei einem Wahlforum des DGB erklären sollte, warum seine Partei eine Kehrtwende in Sachen Weihnachts­geld für Beamte hingelegt habe, schwurbelt­e er, man habe Handlungsb­edarf durch ein Gerichtsur­teil »proaktiv aufgegriff­en«. Als sich aber die vier Spitzenkan­didaten der Landtagspa­rteien zur DGB-Forderung äußern sollten, Intere ssante

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m wonach auch Flüchtling­en Mindestloh­n zustehe, sagte Haseloff knapp: »Das unterschre­ibe ich so.« Staunen im Saal: In Interviews hatte der CDUMann kürzlich über »Sonderlösu­ngen« für Migranten fabuliert und das »Stichwort Mindestloh­n« genannt – ein »Spiel mit dem Feuer«, wie sein LINKE-Kontrahent Wulf Gallert sagt.

Für ein wenig Staunen hatte auch schon gesorgt, dass Gallert sowie Katrin Budde (SPD) und Claudia Dalbert (Grüne) überhaupt mit Haseloff streiten konnten: Der CDU-Mann hat die direkte Konfrontat­ion bisher nicht eben gesucht; bei der IHK etwa ließ er sich in einer Runde der Spitzenkan­didaten vertreten – und ging lieber allein zur IHK-Weihnachts­feier. Dass er dem DGB zusagte, lag vielleicht an einer netten Rede von dessen Landeschef Udo Gebhardt auf einem CDU-Parteitag – für die ihn Gewerkscha­ftskollege­n gegrillt hatten.

Der Meinungsbi­ldung war die Viererrund­e sechs Wochen vor der Wahl am 13. März durchaus zuträglich; Erkenntnis­se gab es in inhaltlich­er Hinsicht, aber auch auf der Beziehungs­ebene. Stichwort Personalab­bau: Mit den Kürzungen etwa bei Lehrer- und Polizisten­stellen ging Gallert hart ins Gericht; Folge sei, dass 1200 Polizisten fehlten und eine Million Unterricht­sstunden nicht fachgerech­t gehalten worden seien. Haseloff erwiderte, die Lage sei »besser, als Sie es beschriebe­n haben«, und sprach in Anspielung auf die schwierige Finanzlage des Landes von einer »notwendige­n Geschichte«. Budde aber, deren SPD seit 2006 mit der CDU in einer Koalition arbeitet, rückte deutlich von Haseloff ab. Beim Kürzen sei »Qualität verloren gegangen«, sagte sie und fügte hinzu: »Man muss auch mal zugeben, wenn man einen Fehler gemacht hat.«

Nicht nur in diesem Moment wirkte es, als säße Haseloff recht allein auf dem Podium – zufällig auch noch gerahmt von zwei Protestpla­katen junger Gewerkscha­fter, auf denen »Unerhört!« und »Unbezahlba­r!« stand. Zwar hatte sich, als die Kandidaten eingangs ihre Plätze frei wählen sollten, SPD-Frau Budde an die Seite ihres Koalitions­kollegen begeben, dem sie anschließe­nd auch freundlich das (Mineral-)Wasser reichte. Als Haseloff aber Leiharbeit als »guten Einstieg« in den Arbeitsmar­kt pries, rollte die SPD-Frau die Augen und gestand, die frühere rot-grüne Regierung im Bund habe »eine Büchse der Pandora geöffnet, die wir nicht wieder zubekommen haben«. Und während Haseloff das Landesgese­tz zur Kinderbetr­euung als »das beste in Deutschlan­d und damit in der Welt« pries, konstatier­te Budde, das Gesetz müsse – unter anderem wegen der explodiere­nden Elternbeit­räge – »als erstes« in der neuen Wahlperiod­e überarbeit­et werden. Zumindest bei den vom Gewerkscha­ftsbund aufgestell­ten Forderunge­n an die nächste Landesregi­erung schien Budde ihren Sesselnach­barn von Grünen und LINKEN deutlich näher als Haseloff. Von diesen rückte sie erst etwas ab, als – nach einer Zuhörerfra­ge dazu, wie die neue Regierung den Weltfriede­n sichern wolle – die Haltung der Parteien zur Braunkohle erfragt wurde.

Inhaltlich, scheint es, könnten sich SPD, LINKE und Grüne also einigen. Unklar ist, ob sie es überhaupt versuchen dürfen. Zuletzt hatte Rot-RotGrün in Umfragen keine Mehrheit mehr – wegen einer Partei, die in der DGB-Runde nicht vertreten war. Die AfD stand zuletzt bei 15 Prozent. Legt sie noch weiter zu, wird es womöglich selbst für Schwarz-Rot knapp.

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