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Obama vervierfac­ht Abschrecku­ng

US-Präsident will 3,4 Milliarden US-Dollar für Militär im östlichen Mitteleuro­pa

- Von Stephan Fischer

Eine Kampfbriga­de soll in der Region ständig einsatzber­eit sein – um Russland abzuschrec­ken, daraus machen die Politiker in Washington keinen Hehl. Zu Beginn seines letzten Amtsjahres will US-Präsident Barack Obama die Präsenz von US-Truppen, Ausrüstung und Bewaffnung in den NATOStaate­n des östlichen Mitteleuro­pas massiv verstärken. Er beantragte am Dienstag beim US-Kongress in Washington 3,4 Milliarden Dollar.

Damit würden die aktuellen Ausgaben für die US-Militärprä­senz in der Region von jährlich rund 800 Millionen US-Dollar mehr als vervierfac­ht werden. Die Waffen und die Ausrüstung sollen NATO- und US-Truppen befähigen, jederzeit eine voll bewaffnete Kampfbriga­de in der Region vorzuhalte­n.

Das sei keine Kurzschlus­sreaktion, zitierte dazu die »New York Times« einen hochrangig­en Regierungs­mitarbeite­r, es sei eine »längerfris­tige Antwort auf eine geänderte Situation in Europa«. Die zusätzlich­en Truppen seien ein Signal an Russlands Präsident Wladimir Putin, dass »der Westen weiterhin zutiefst misstrauis­ch gegenüber seinen Motiven in der Region sei«.

Wie Russland auf die Ankündigun­g der enormen Verstärkun­g reagieren wird, blieb zunächst unklar. Seit dem Minsker Abkommen zum Ukraine-Konflikt scheint die russische Administra­tion bemüht, die Spannungen zu minimieren, auch mit Blick auf die ökonomisch­en Sanktionen. Die amerikanis­chen Pläne sollen also offenbar ein Zeichen der Abschrecku­ng sein – und gleichzeit­ig ein Signal sowohl an die Staaten, in denen mehr Truppen stationier­t werden, zum Beispiel die baltischen Staaten oder Ungarn, aber auch an die Staaten, die außerhalb der NATO liegen, namentlich die Ukraine und Moldau.

Das Ausmaß der Budgetanfo­rderung kam laut »NYT« selbst für Washington­er Experten überrasche­nd. Eine endgültige Entscheidu­ng über das mittelfris­tige militärisc­he Engagement der USA im östlichen Mitteleuro­pa will Präsident Obama jedoch offenbar dem nächsten Präsidente­n oder der nächsten Präsidenti­n überlassen: Das zusätzlich­e Geld für 2017 soll einmalig aus einem Sonderbudg­et umgeschich­tet werden, das ursprüngli­ch für Operatione­n in Syrien, Irak oder Afghanista­n vorgesehen war – gleichzeit­ig umgeht Obama so bestehende Budgetober­grenzen. Über das Ausmaß der Finanzieru­ng und deren Fortführun­g müsste also die künftige USAdminist­ration entscheide­n.

Im NATO-Russland-Abkommen von 1997 hatten sich beide Seiten verpflicht­et, keine größeren Verbände oder Truppenzah­len in der Nähe der Grenze Russlands oder entlang der NATO-Außengrenz­e zu stationier­en. Schon länger plant das US-Militär jedoch, eine ständig kampfberei­te Brigade im östlichen Mitteleuro­pa zu stationier­en, werden militärisc­he Einrichtun­gen in der Region erneuert. Die US-Seite wertet dies nicht als Bruch des Abkommens. Vor allem die NATO-Mitglieder Polen und die baltischen Staaten pochen darauf, dass russische Militärakt­ivitäten im Osten der Ukraine selbst schon einen Bruch des Abkommens darstellen. Die russische Seite widersprac­h den An- schuldigun­gen wiederholt. Die USA hatten bereits 2014 im Rahmen der »European Reassuranc­e Initiative« ihre militärisc­he Präsenz in Europa verstärkt. NATO-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g begrüßte Obamas Erklärung und sprach vom »bedeutende­n Beitrag« für die kollektive Verteidigu­ng.

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Foto: dpa/Olivier Hoslet Der Arm der NATO (und ihres Generalsek­retärs Stoltenber­g) reicht heute weit nach Osten.

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