Obama vervierfacht Abschreckung
US-Präsident will 3,4 Milliarden US-Dollar für Militär im östlichen Mitteleuropa
Eine Kampfbrigade soll in der Region ständig einsatzbereit sein – um Russland abzuschrecken, daraus machen die Politiker in Washington keinen Hehl. Zu Beginn seines letzten Amtsjahres will US-Präsident Barack Obama die Präsenz von US-Truppen, Ausrüstung und Bewaffnung in den NATOStaaten des östlichen Mitteleuropas massiv verstärken. Er beantragte am Dienstag beim US-Kongress in Washington 3,4 Milliarden Dollar.
Damit würden die aktuellen Ausgaben für die US-Militärpräsenz in der Region von jährlich rund 800 Millionen US-Dollar mehr als vervierfacht werden. Die Waffen und die Ausrüstung sollen NATO- und US-Truppen befähigen, jederzeit eine voll bewaffnete Kampfbrigade in der Region vorzuhalten.
Das sei keine Kurzschlussreaktion, zitierte dazu die »New York Times« einen hochrangigen Regierungsmitarbeiter, es sei eine »längerfristige Antwort auf eine geänderte Situation in Europa«. Die zusätzlichen Truppen seien ein Signal an Russlands Präsident Wladimir Putin, dass »der Westen weiterhin zutiefst misstrauisch gegenüber seinen Motiven in der Region sei«.
Wie Russland auf die Ankündigung der enormen Verstärkung reagieren wird, blieb zunächst unklar. Seit dem Minsker Abkommen zum Ukraine-Konflikt scheint die russische Administration bemüht, die Spannungen zu minimieren, auch mit Blick auf die ökonomischen Sanktionen. Die amerikanischen Pläne sollen also offenbar ein Zeichen der Abschreckung sein – und gleichzeitig ein Signal sowohl an die Staaten, in denen mehr Truppen stationiert werden, zum Beispiel die baltischen Staaten oder Ungarn, aber auch an die Staaten, die außerhalb der NATO liegen, namentlich die Ukraine und Moldau.
Das Ausmaß der Budgetanforderung kam laut »NYT« selbst für Washingtoner Experten überraschend. Eine endgültige Entscheidung über das mittelfristige militärische Engagement der USA im östlichen Mitteleuropa will Präsident Obama jedoch offenbar dem nächsten Präsidenten oder der nächsten Präsidentin überlassen: Das zusätzliche Geld für 2017 soll einmalig aus einem Sonderbudget umgeschichtet werden, das ursprünglich für Operationen in Syrien, Irak oder Afghanistan vorgesehen war – gleichzeitig umgeht Obama so bestehende Budgetobergrenzen. Über das Ausmaß der Finanzierung und deren Fortführung müsste also die künftige USAdministration entscheiden.
Im NATO-Russland-Abkommen von 1997 hatten sich beide Seiten verpflichtet, keine größeren Verbände oder Truppenzahlen in der Nähe der Grenze Russlands oder entlang der NATO-Außengrenze zu stationieren. Schon länger plant das US-Militär jedoch, eine ständig kampfbereite Brigade im östlichen Mitteleuropa zu stationieren, werden militärische Einrichtungen in der Region erneuert. Die US-Seite wertet dies nicht als Bruch des Abkommens. Vor allem die NATO-Mitglieder Polen und die baltischen Staaten pochen darauf, dass russische Militäraktivitäten im Osten der Ukraine selbst schon einen Bruch des Abkommens darstellen. Die russische Seite widersprach den An- schuldigungen wiederholt. Die USA hatten bereits 2014 im Rahmen der »European Reassurance Initiative« ihre militärische Präsenz in Europa verstärkt. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte Obamas Erklärung und sprach vom »bedeutenden Beitrag« für die kollektive Verteidigung.