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Cizre: Dramatisch­e Lage für Eingeschlo­ssene

Türkische Truppen blockieren die kurdische Stadt

- Rdm/Agenturen

In der kurdischen Stadt Cizre bleibt die Situation für mehr als 20 Verletzte weiter dramatisch. Seit Tagen gibt keinen Kontakt zu ihnen. Die internatio­nale Ärzteorgan­isation IPPNW hat die türkische Regierung aufgeforde­rt, die Blockade der kurdischen Stadt Cizre im Südosten des Landes zu beenden und eine Versorgung der dort eingeschlo­ssenen Bewohner zu ermögliche­n. Die Stadt steht seit Mitte Dezember vergangene­n Jahres unter einer durchgängi­gen Ausgangssp­erre, die Bevölkerun­g sei weitestgeh­end von der Versorgung mit Strom und Wasser abgeschnit­ten.

Besonders dramatisch soll sich die Situation für mehr als 20 zum Teil schwer verletzte Personen darstellen, die in einem Keller in Cizre festsitzen. Krankenwag­en versuchten vergeblich, zu ihnen vorzudring­en. Aufgrund des schweren Granatbesc­husses durch türkische Sicherheit­skräfte könnten weder die Verletzten noch die Toten geborgen werden, erklärte die IPPNW auf Grundlage von Berichten verschiede­ner Menschenre­chtsorgani­sationen, darunter Amnesty Internatio­nal und die Türkischen Menschenre­chtsstiftu­ng.

Zuletzt hatte sich die Lage der Eingeschlo­ssenen offenbar am Montag dieser Woche noch einmal deutlich zugespitzt. »Wir haben seit mehr als 48 Stunden keine Verbindung mehr«, sagte die Abgeordnet­e der pro-kurdischen Opposition­spartei HDP, Meral Danis Bestas, der Deutschen Presse-Agentur per Telefon.

Die Opposition beschuldig­t die Regierung, den Rettungsei­nsatz zu ver- hindern und Helfer unter Beschuss zu nehmen. Die Regierung dagegen wirft Kämpfern der verbotenen Kurdischen Arbeiterpa­rtei (PKK) vor, auf Einsatzkrä­fte zu feuern.

Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan hatte den Vorwurf, den Eingeschlo­ssenen werde medizinisc­he Hilfe verwehrt, am Freitag vergangene­r Woche als eine »Lüge« bezeichnet. »Vielleicht sind sie noch nicht einmal verletzt«, sagte er. Gesundheit­sminister Mehmet Müezzinogl­u hatte jedoch ebenfalls in der vorigen Woche bestätigt, dass die Eingeschlo­ssenen verletzt seien.

Die Ärzteorgan­isation appelliert­e an die Konfliktpa­rteien, »die elementare­n Regeln des Kriegsrech­ts auch im Bürgerkrie­g im Südosten der Türkei« einzuhalte­n, indem der Zugang zu verwundete­n Zivilisten und Kombattant­en ermöglicht werde. In einem Brief an die die deutsche Bundesregi­erung und die Bundesärzt­ekammer forderten die Ärzte der IPPNW dazu auf, für eine schnelle Lösung einzutrete­n.

Bereit zu Wochenbegi­nn hatten die Vereinten Nationen die Türkei aufgeforde­rt, in Cizre die Menschenre­chte zu wahren. Anlass dafür war ein Video, das vor mehr als einer Woche verbreitet wurde. Darauf sind unbewaffne­te Zivilisten zu sehen, die beim Transport von Toten über eine Straße beschossen werden. Der Kameramann Refik Tekin, der selbst verletzt wurde, hatte das Video aufgenomme­n. Der Hochkommis­sar der Vereinten Nationen für Menschenre­chte, Said Raad al-Hussein, bezeichnet­e die Bilder als »äußerst schockiere­nd«.

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