Zu viele offene Verfahren an Sozialgerichten
Mehr als 3700 Hartz-IV-Klagen sind an Brandenburgs Sozialgerichten seit 2012 oder länger anhängig. Das sind fast elf Prozent der offenen Verfahren. Potsdam. Brandenburgs Sozialgerichte haben bei der Bewältigung der hohen Zahl von Klagen 2015 leichte Fortschritte gemacht. Erstmals seit 2005 seien mehr Verfahren erledigt worden als neue hinzukamen, teilte das Landessozialgericht am Mittwoch in Potsdam mit. Die Situation sei mit insgesamt 34 677 unerledigten Streitsachen Ende 2015 jedoch weiter problematisch. Ende 2014 waren 35 806 Fälle offen.
Knapp elf Prozent der offenen Klagen seien 2012 oder früher erhoben worden, hieß es. In Brandenburg werde damit in erheblichem Umfang rechtsstaatswidrig der Anspruch der Bürger auf zeitnahen Rechtsschutz gefährdet und in vielen Fällen auch verletzt.
Die Belastung der vier Gerichtsstandorte habe sich sehr unterschiedlich entwickelt, so das Gericht. Während in Potsdam und Cottbus mehr Fälle erledigt wurden als neu hinzukamen, seien in Neuruppin und Frankfurt (Oder) mehr neue Verfahren hinzugekommen als erledigt wurden.
Das Sozialgericht Cottbus hatte Ende 2015 mit 10 736 (Ende 2014: 12 145) unerledigten Streitsachen die meisten offenen Verfahren. An zweiter Stelle stand das Sozialgericht Frankfurt (Oder) mit 9102 unerledigten Streitsachen Ende 2015 (8511). Am Sozialgericht Potsdam waren noch 7803 (8415) offene Verfahren anhängig. Die wenigsten unerledigten Streitsachen waren Ende 2015 mit 7036 (6735) Fällen in Neuruppin registriert.
Die Lage habe sich damit an zwei Gerichtsstandorten deutlich verschärft, so der Vizepräsident des Landessozialgerichts, Herbert Oesterle. Die Sozialgerichte könnten der verfassungsrechtlichen Vorgabe, zeitnahen Rechtsschutz zu gewährleisten, wegen des außergewöhnlich hohen Bestandes unerledigter Verfahren häufig weiter nicht gerecht werden. Er kritisierte den Personalmangel, der zu nicht hinnehmbaren Arbeitsbelastungen nicht nur bei Richtern führe.