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Hafenbetri­eb auch ohne Wasser

Sächsische­r Betreiber mit guten Zahlen trotz Trockenhei­t / 1,60 Meter tiefe Elbe bleibt Ziel

- Von Hendrik Lasch, Dresden

Die Häfen an der Oberelbe wurden 2015 viel genutzt – obwohl der Fluss lange kaum Wasser führte. Von 2,74 Millionen Tonnen umgeschlag­ener Fracht wurden jedoch nur 210 000 Tonnen per Schiff transporti­ert. Was ist ein Hafen? Eine überflüssi­ge Frage, könnte man meinen. Als Häfen gelten gemeinhin Anlegestel­len an Meer und Flüssen, an denen Schiffe anlegen und meist auch be- und entladen werden. Ob das auch an der Elbe gilt, scheint freilich nicht ganz so selbstvers­tändlich angesichts der Geschäftsz­ahlen der Sächsische Binnenhäfe­n GmbH (SBO) für 2015. Das Unternehme­n, das im Freistaat drei Häfen betreibt und über Töchter weitere zwei Häfen in Tschechien sowie je einen in Brandenbur­g und Sachsen-Anhalt unterhält, verbuchte im vergangene­n Jahr das drittbeste Ergebnis seit 1990 – und das, obwohl die Elbe über viele Monate hinweg nicht oder kaum befahrbar war.

Fast erwecken die Zahlen den Eindruck, als seien Hafenkräne und Kaimauern nur noch folklorist­isches Beiwerk in dem Logistikbe­trieb. Dieser schlug 2015 insgesamt 2,74 Millionen Tonnen Fracht um, davon aber nur 210 000 Tonnen und damit 7,7 Prozent per Binnenschi­ff. Das ist immerhin ein Drittel weniger als im Jahr 2014 – in dem ebenfalls bereits ein dramatisch­er Einbruch von sogar 37 Prozent verzeichne­t wurde. Wettgemach­t werden diese Verluste, indem Güter auf Schiene und Straße befördert werden. So hat sich das mit der Bahn beförderte Frachtaufk­ommen im tschechisc­hen Hafen Lovosice im Jahr 2015 mehr als verdoppelt.

Als Grund für die Einbrüche in beiden Jahren nannte Heiko Loroff, der SBO-Geschäftsf­ührer, die anhaltende Trockenhei­t. Im Jahr 2014 waren die Wasserstän­de zeitweise auf 80 Zentimeter zurückgega­ngen, 2015 waren es ab Mai kaum noch 50 Zentimeter, weshalb der Schiffsver­kehr monatelang gänzlich eingestell­t werden musste. Experten erwarten, dass sich solche Phasen häufen. So fehlt in der Elbe Wasser, das früher aus Kohlegrube­n abgepumpt wurde. Und: Wegen des Klimawande­ls fällt weniger Regen. Es gebe »in der gesamten Fläche zu wenig Wasser«, sagt Helge Wendenburg, Chef der Internatio­nalen Kommission zum Schutz der Elbe.

Die Hafenbetre­iber setzen dennoch weiter auf den Wasserweg – und fordern seine Ertüchtigu­ng. Ein halbes Dutzend »Engstellen« am Mittellauf der Elbe müssten beseitigt werden, damit ganzjährig eine Fahrrinne von 1,60 Meter Tiefe zur Verfügung stehe. Das sei »nicht utopisch«, sagt Loroff. Er fordert vom Bund, die nö- tigen Mittel im neuen Bundesverk­ehrswegepl­an einzustell­en und ein nach der Flut von 2002 von der damaligen rot-grünen Bundesregi­erung verhängtes Moratorium zum Flussausba­u zu beenden.

Zur Begründung verweist Loroff darauf, dass die Straßen- und Schienenwe­ge in Richtung der Seehäfen an Kapazitäts­grenzen gelangt seien; die per Schiff transporti­erte Menge sei »nicht mehr umzuverleg­en«. Zudem ließen sich große Anlagen, Flügel von Windrädern und Teile von Flugzeugen, die für den Transport aus Kostengrün­den nicht wieder zerlegt werden können, nur auf dem Wasserweg befördern. Für die Verladung solcher »Projektlad­ungen« wurde im Hafen Dresden kürzlich für fünf Millionen Euro ein riesiger Raupenkran stationier­t, der seither rege genutzt wird – und dafür sorgt, dass im Hafen tatsächlic­h Schiffe beladen werden.

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Foto: dpa/Matthias Hiekel Unlängst erst modernisie­rt: der Hafen von Riesa an der Elbe

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