»Dada« als Prachtband
Detonationen
auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs waren das Hintergrundrauschen für die Explosion einer literarischen Sensation in der neutralen Schweiz. In der Spiegelgasse 1 in Zürich wurde am 5. Februar 1916 die »Künstlerkneipe Voltaire« eröffnet. Das ist die Geburtsstunde von Dada, einer Bewegung, die nach dem Krieg nach Paris und Berlin überschwappte, in Köln und Hannover Filialen bildete und die nachfolgende Literatur in vielfältiger Weise beeinflusste.
Von den vielen Publikationen aus Anlass des Jubiläums ist die aus dem Zürcher Manesse-Verlag wohl die schönste. Ein grafisch an die Originale anknüpfender Prachtband, der neben den zum Kanon der Weltliteratur zählenden Ikonen des Dada wie das Gedicht »An Anna Blume« von Kurt Schwitters auch weniger Bekanntes enthält. Das dreisprachige Gedicht »L’amiral cherche une maison à louer«, gemeinsam verfasst von Richard Huelsenbeck, dem Rumänen Marcel Janco und seinem Landsmann Tristan Tzara, ist ein echtes Fundstück. Wenn Alfred Kerr Dada in Berlin als »Ulk mit Weltanschauung« bezeichnete, berücksichtigte er nicht die politische Seite. 1916, im Jahr von Verdun, schrieb Hugo Ball seinen »Totentanz«, der mit »So sterben wir, so sterben wir/ Wir sterben alle Tage« beginnt und die folgenden Strophen mit den Zeilen »Die Schlacht ist unser Freudenhaus/ Von Blut ist unsre Sonne« oder »So morden wir, so morden wir/ Wir morden alle Tage« einleitet. Das ist ein Gedicht gegen den Krieg.
Kurzbiografien und eine knappe Geographie der Dada-Filialen machen den Band zugleich zu einem zuverlässigen Nachschlagewerk.